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Drei Kinder und eine Lehrkraft betrachten fragend das Symbol der UN-Kinderrechtskonvention. Die Lehrkraft hält eine Lupe.
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Ausschnitt des Logos des Deutschen Kinderhilfswerks.
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Dieser Beitrag wurde von Maike Simla und Elisa Bönisch verfasst. Maike Simla ist Leiterin des Projekts "Kinderrechteschule", Elisa Bönisch leitet die Fachstelle "Kinderrechtebildung". Beide sind in der Abteilung Kinderrechte und Bildung des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V. tätig. 

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Was genau sind eigentlich Kinderrechte?

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie brauchen eigene Kinderrechte. Dieser Beitrag gibt eine kurze Einführung in die Geschichte und den Aufbau der UN-Kinderrechtskonvention und zeigt die wichtigsten Grundannahmen und Prinzipien auf.

Die UN-Kinderrechtskonvention

Kinderrechte sind Menschenrechte. Sie wurden formuliert, um alle Kinder von 0 bis 17 Jahren mit ihren besonderen Anforderungen und Bedürfnissen als Heranwachsende zu schützen, zu fördern und zu beteiligen.

"Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Auf Grund ihres Alters, auf Grund ihrer sich noch entwickelnden körperlichen und geistigen Fähigkeiten und Möglichkeiten bedürfen Kinder des besonderen Schutzes und der besonderen Fürsorge. Kinder brauchen eigene Kinderrechte. Sie brauchen ein Recht auf Kindheit, und zwar auf einen Schon- und Spielraum, in dem Verantwortlichkeit wachsen und eingeübt werden kann." - Jörg Maywald, 2002

Eine der wichtigsten Grundannahmen der UN-Kinderrechtskonvention besteht darin, dass Kinder Träger*innen eigener unveräußerlicher Rechte sind. Die Konvention verfolgte damit bei ihrer Entstehung einen revolutionären Ansatz, weil sie einen Paradigmenwechsel vollzog, der Kinder als Subjekte mit garantierten Rechten wahrnimmt, anstatt sie nur als Objekte von Erziehung und Schutzbefohlene der Erwachsenen zu sehen.

Die UN-Kinderrechtskonvention wurden am 20. November 1989 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Bis heute haben fast alle Staaten der Welt (bis auf die USA) den international gültigen Vertrag unterzeichnet und sich zur Umsetzung der Kinderrechte in ihrem Land verpflichtet. In Deutschland ist die UN-Kinderrechtskonvention seit dem 05. April 1992 offiziell geltendes Recht.

Die UN­-Kinderrechtskonvention ist die umfassendste Menschenrechte-Charta. Sie besteht aus insgesamt 54 Artikeln. Die ersten 41 Artikel konkretisieren inhaltlich die Rechte von Kindern und Jugendlichen, die übrigen 13 Artikel erläutern, wie die Kinderrechte durch die Vertragsstaaten verwirklicht und der Umsetzungsstand regelmäßig überprüft werden sollen.

Die Kernprinzipien von Kinderrechten

Kinderrechte sind Menschenrechte. Deshalb gelten für die Kinderrechte die gleichen Kernprinzipien wie für die Menschenrechte.

Die Kinderrechte sind unteilbar. Alle Rechte sind gleich wichtig, sind miteinander verknüpft und bedingen einander.

Die Kinderrechte sind unveräußerlich. Niemand zwischen 0 und 18 Jahren kann diese Rechte abtreten oder verlieren.

Die Kinderrechte sind universell gültig. Die Kinderrechte gelten überall und für alle Kinder weltweit– ohne Unterschiede.

Systematisierungs­ansätze

Um diese umfassende Rechte-Charta etwas greifbarer für die Praxis zu machen, gibt es verschiedene Systematisierungsansätze.

Kinder haben ein Recht auf Schutz, Förderung und Beteiligung – das Haus der Kinderrechte

Die Artikel, die inhaltlich die Rechte von Kindern und Jugendlichen konkretisieren, lassen sich in Schutzrechte, Förderungsrechte und Beteiligungsrechte unterteilen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von den drei Säulen oder den „drei P“ der UN-Kinderrechte – abgeleitet von den englischen Begriffen provision, protection und participation. Jedes Kinderrecht lässt sich (mindestens) einem dieser drei Bereiche zuordnen.

Dem Bild eines Gebäudes entsprechend liegt über den drei Säulen das sogenannte Dach der Kinderrechte: der Artikel 3, in dem die vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls (engl. best interest) festgeschrieben ist. Das bedeutet, dass bei jeglicher Entscheidung, von der ein Kind betroffen ist, sein Wohlergehen im Mittelpunkt stehen und handlungsleitend sein soll.

Ein Kind sprüht ein Graffiti von einem Haus. Im Dach steht Kindeswohlvorrang, in drei Säulen steht Schutz, Förderung und Beteiligung und im Fundament stehen weitere Kurzinformationen.
Ein Kind sprüht ein Graffiti von einem Haus. Im Dach steht Kindeswohlvorrang, in drei Säulen steht Schutz, Förderung und Beteiligung und im Fundament stehen weitere Kurzinformationen. Diese Version enthält außerdem die jeweiligen Artikel.

Die vier Leitprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention

Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat vier so genannte Allgemeine Prinzipien (general principles) definiert, welche den Artikeln der Kinderrechtskonvention zugrunde liegen:

  • Gleichbehandlung (Artikel 2): Alle Rechte gelten ausnahmslos für alle Kinder unabhängig von seiner Sprache, Religion oder Hautfarbe, egal ob mit Behinderung oder ohne und auch unabhängig von seinem Aufenthaltsstatus. Einem Kind ohne deutschen Pass bspw. steht demnach eine ärztliche Versorgung oder ein Schulbesuch in gleicher Qualität zu wie einem Kind mit deutscher Staatsbürgerschaft.
  • Vorrang für das Kindeswohl (Artikel 3): Staat und Eltern müssen bei allen Entscheidungen die Bedürfnisse von Kindern berücksichtigen und das Kindes wohl in den Vordergrund stellen. Das kann zum Beispiel den Bau einer neuen Straße betreffen oder die Entscheidung eines Familiengerichtes.
  • Leben und Entwicklung (Artikel 6): Alle Kinder haben ein Recht auf Leben, Überleben und bestmögliche Entwicklungschancen. Daraus folgt beispielsweise, dass mögliche herkunftsbedingte Bildungsnachteile in Kitas und Schulen durch gesonderte Förderung ausgeglichen werden müssen.
  • Mitbestimmung (Artikel 12 ): Die Meinungen von Kindern müssen bei sämtlichen Entscheidungen, die ihre Angelegenheiten betreffenden, gehört und angemessen (entsprechend ihres Alters und ihrer Reife) berücksichtigt werden. Dies betrifft zum Beispiel schulische Regelungen, Stadtplanungen oder familiäre Fragen.

Auf einen Blick – 11 ausgewählte Kinderrechte

Um einen kurzen Überblick zu geben und ein paar wichtige Kinderrechte vorzustellen, haben wir 11 Kinderrechte ausgewählt:

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11 ausgewählte Kinderrechte sind zu sehen, mit kurzen Beschreibungen der Techte.
11 Ausgewählte Kinderrechte. Zum Vergrößern klicken. © Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

Noch mehr Wissen zu den Kinderrechten

Zusatzprotokolle

Über die Kinderrechtskonvention hinaus sind in den Jahren seit Verabschiedung der Konvention drei Zusatzprotokolle hinzugefügt worden, in denen u.a. Regelungen zu Kindern in bewaffneten Konflikten, zu Kinderhandel, Kinderpornografie und Kinderprostitution getroffen wurden sowie die Möglichkeit zur Individualbeschwerde eröffnet wurde. Auch diese Zusatzprotokolle hat Deutschland unterzeichnet und somit sind sie geltendes Recht, auf das sich Kinder und Jugendliche berufen können.

Mehr Informationen zu den Zusatzprotokollen können Sie in der Broschüre "Übereinkommen über die Rechte des Kindes" des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finden.

Allgemeine Bemerkungen - Vertiefte Erklärungen

Um einzelne Artikel der Kinderrechtskonvention oder Rechte von Kindern in bestimmten Lebensbereichen genauer zu erläutern, verfasst der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes regelmäßig sogenannte Allgemeinen Bemerkungen/Kinderrechtekommentare. Diese Kommentare helfen, die Vorgaben genauer zu verstehen und sollen die Staaten bei der Umsetzung der Rechte unterstützen.

Es gibt zum Beispiel einen Kinderrechtekommentar zu den Zielen von Bildung (Allgemeine Bemerkung Nr. 1), dem Recht von Kindern auf Gehör (Allgemeine Bemerkung Nr. 12) oder zu Kinderrechten im digitalen Umfeld (Allgemeine Bemerkung Nr. 25).

Mehr Informationen und die Allgemeinen Kommentare finden Sie auf der Seite kinderrechtekommentare.de

Staatenberichtsverfahren - Überwachung der Umsetzung

Die Umsetzung der Kinderrechtskonvention sowie ihrer Zusatzprotokolle werden vom UN-Fachausschuss für Kinderrechte überwacht. Um die Umsetzung überprüfen zu können, geben die Staaten regelmäßig Staatenberichte ab, die Aufschluss über die Umsetzung der Kinderrechte im eigenen Land geben.

Neben den Berichten vom Staat geben auch Nichtregierungsorganisationen sogenannte Schattenberichte ab, denn auch sie überwachen und beobachten die Umsetzung der Kinderrechte in ihrem jeweiligen Land. So kann sich der UN-Fachausschuss ein unabhängiges Bild vom Umsetzungsstand machen.

Im Rahmen des Staatenberichtverfahrens bewerten seit 2010 auch Kinder und Jugendliche selbst die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland. In den zwei bisher entstandenen Berichten werden u.a. auch die Umsetzung der Kinderrechte in der Schule bewertet und Forderungen von den Kindern und Jugendlichen für diesen Bereich aufgestellt.

Nachdem die Expertinnen des UN-Ausschusses sowohl in den Dialog mit Vertreterinnen der Nichtregierungsorganisationen als auch mit Vertreter*innen der Regierung gegangen sind, veröffentlichen sie noch einen Bericht, die Abschließenden Bemerkungen (Concluding Observations), in denen sie sowohl auf Lücken bei der Umsetzung hinweisen als auch Verbesserungsvorschläge und Handlungsempfehlungen an die Regierung formulieren.

Mehr Informationen zu den Staaten- und Schattenberichten aus Deutschland sowie den Kinder- und Jugendrechtereporten finden Sie hier:

Staatenberichte - kinderrechte.de

Schattenberichte - kinderrechte.de

www.kinderrechtereport.de

UN-Dialog - Netzwerk Kinderrechte

Hinweise und Informationen dazu, was Kinder und Jugendliche selbst unter den Kinderrechten verstehen und wie sie die Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland und auch in der Schule bewerten erfahren Sie im Beitrag “Die Kinderrechte aus der Perspektive von Kindern”.

Kinder haben das Recht ihre Rechte zu kennen!

Jedes Kind muss die Möglichkeit haben, sich über die Kinderrechte zu informieren, beziehungsweise hat einen Anspruch darauf, hierüber informiert zu werden.

Denn nur wer seine Rechte kennt, kann diese auch aktiv einfordern.

Hier sind insbesondere Schulen und die dort tätigen Erwachsenen in der Verantwortung, sich mit den Kinderrechten auseinanderzusetzen und diese kennenzulernen. Und sie dann im Unterricht oder Projekten zu vermitteln und im Schulalltag gemeinsam zu leben – und zwar von der ersten Klasse an.

Quellenverzeichnis

Maywald, Jörg (2002): Kindeswohl und Kindesrechte. In: Deutsche Liga für das Kind (Hrsg): Frühe Kindheit. Ausgabe 4/02.

Vorgeschlagene Zitierweise

Bönisch, Elisa / Simla, Maike (2023): Kinderrechte - eine Einführung. In: Deutsches Kinderhilfswerk (Hrsg): Kinderrechte leben - in Schule und Hort! Online-Dossier. Unter: LINK (Zugriff am: TT.MM.JJJJ).

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