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Hände bauen eine Mauer aus drei Steinen, darauf seht Kinderrechtebildung. Ein vierter Stein wird gerade angebracht.
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Portrait Jasmine Gebhard
Name
Jasmine Gebhard
Kurztext

Jasmine Gebhard (M.A. Soziologie und Betriebswirtschaftslehre) ist seit über zehn Jahren in Projekten zur Umsetzung von Kinderrechts- und Demokratiebildung an Bildungseinrichtungen tätig. Sie ist Geschäftsführerin von Makista e. V. und hat dort im Jahr 2010 das Schulnetzwerk für Kinderrechte und Demokratie Hessen mit initiiert und leitet es seitdem.

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Portrait Christa Kaletsch
Name
Christa Kaletsch
Kurztext

Christa Kaletsch (M. A. Fachjournalismus Geschichte und Menschenrechte) ist Vorsitzende von Makista e. V. Seit über 20 Jahren ist sie als freie Fortbildnerin, Autorin und Konzeptentwicklerin in den Bereichen Demokratie, Menschenrechtsbildung, Partizipation und Zivilcourage in Schulen und Kitas tätig, u. a. im Schulnetzwerk für Kinderrechte und Demokratie Hessen sowie im Projekt „Zusammenleben neu gestalten“ der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik Landesverband Hessen.

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Woraus besteht das Fundament für eine gelingende Kinderrechtebildung in Grundschulen?

Wenn es um die Umsetzung und Vermittlung von Kinderrechten in der Schule geht, kommt es besonders auf die Haltung des Schulteams an, schreiben Jasmine Gebhard und Christa Kaletsch. Aus der Erfahrung von über zehnjähriger Begleitung des Schulnetzwerks für Kinderrechte und Demokratie Hessen geben sie in diesem Beitrag Einblick in die Grundlagen für Kinderrechtebildung in Grundschulen.

Die Bedeutung einer kinderrechtlichen Haltung und der Dreiklang der Menschenrechtsbildung

„Das ist so schön, das kann man im Einzelnen gar nicht beschreiben“, erklärt eine Klassensprecherin gegenüber einem Reporter. Er hat sie gefragt, woran sie merkt, dass sie eine Kinderrechteschule besucht. In ihrem Statement wird sehr deutlich, wie wohl sie und ihre Mitschüler*innen sich an der Grundschule fühlen: gesehen, angenommen und eingeladen zum Mitdenken und Mitwirken.

Und – ein weiteres wichtiges Merkmal einer gelungenen Kinderrechtebildung an einer pädagogischen Einrichtung – das alles ist ganz selbstverständlich Alltag, also für die Kinder jeden Tag einfach erlebbar. Die Beschäftigung mit den Kinderrechten ist nicht in einen besonderen (Zeit)Raum im Schuljahr geschoben oder nur in einem Event betont und zelebriert worden. Kinderrechte sind an vielen Stellen im Alltag der Kinderrechteschule spürbar.

Dreh- und Angelpunkt: Ein engagiertes Schulteam, das Verantwortung für die Umsetzung der Kinderrechte übernimmt

Damit dies gelingt, sind Anstrengungen auf vielen Ebenen nötig. Dreh- und Angelpunkt ist dabei ein Schulteam, das sich gemeinsam auf den Weg macht und sich darum bemüht, Kinderrechtebildung wahr- und ernst zu nehmen. Zu einer entsprechenden Haltung aller Beteiligten kommt eine explizite Auseinandersetzung mit den einzelnen Kinderrechten und ihre Vermittlung. Außerdem benötigt es ein Bewusstsein dafür, dass Kinder Möglichkeiten bzw. transparente und verlässliche Räume brauchen, in denen sie erleben können, dass sie sich für ihre Rechte (und die anderer Kinder) einsetzen können.

Der Schulalltag mit seinen Strukturen, Gremien, Ritualen und zu gestaltenden Räumen bietet vielfältige Gelegenheiten, gemeinsam die Kinderrechte kennenzulernen und erfahrbar zu machen, um sie dann gemeinsam zu leben. Entscheidend dabei ist die Motivation der Schlüsselakteur*innen: die Lehrkräfte, die pädagogischen und weiteren Fachkräfte und ganz wichtig die Schulleitung, die alle Mitglieder der Schulgemeinde mitnimmt und die Implementierung der Kinderrechte als grundlegenden Bezugsrahmen im Schulleben federführend begleitet.

Eine gemeinsame kinderrechtliche Haltung im Schulteam entwickeln

„Wir haben beschlossen, dass wir im Kollegium nie mehr schlecht über einzelne Schüler*innen sprechen. Auch dann nicht, wenn der Schulalltag manchmal sehr anstrengend ist. Denn jeder hat ein Recht auf einen respektvollen Umgang. Darin zeigt sich das Gleichheitsprinzip und das Recht auf Nicht-Diskriminierung“, berichtet eine Vertreterin einer schulinternen Kinderrechte-Steuergruppe. Sie bezieht sich dabei auf die Effekte, die ein Studientag zu den Kinderrechten im ganzen Schulteam bewirkt hat.

Eindrücklich zeigt diese Aussage, dass die Auseinandersetzung im Team einen hohen Stellenwert für die Arbeit einer Kinderrechteschule hat. Nicht nur die Kommunikation zwischen Kindern und Erwachsenen, sondern auch Gespräche der Lehrkräfte untereinander sind von einer Kinderrechte-Haltung durchzogen. Das Lehrer*innenzimmer bekommt, ebenso wie das Klassenzimmer oder der Schulhof, den Stellenwert eines sicheren oder kindgerechten Raumes.

Nur durch eine intensive gemeinsame Beschäftigung aller an der Schule tätigen Erwachsenen können solche Prozesse entstehen und sich festigen. Eine ganztägige Veranstaltung als (wiederkehrender) Studientag oder Pädagogischer Tag hat sich dafür bewährt. Erst wenn die erwachsenen Verantwortungsträger*innen als Begleiter*innen der Kinder die Beschäftigung mit Kinderrechten aufrechterhalten, kann der Schulalltag auch den Kinderrechten entsprechen.

Schulen die sich auf den Weg machen, Kinderrechte als Grundlage und Rahmen für ihre pädagogische Arbeit zu etablieren, stellen dann oft, gleichermaßen verblüfft wie erleichtert fest, wie viel Kinderrechts-Arbeit bereits in ihrem Alltag steckt. Um die Kinderrechte als grundlegenden Bezugsrahmen zu etablieren, eignet sich eine Orientierung am Kinderrechteansatz.

Der Kinderrechteansatz

Von einer Umsetzung des Kinderrechteansatz wird gesprochen, wenn alle Konzepte, Entscheidungen und Handlungen in einer Institution, wie z.B. Schule oder Hort, an den Rechten von Kindern ausgerichtet sind. Kinder werden als Subjekte mit garantierten Rechten wahrgenommen, anstatt sie als Objekte von Erziehung und als Schutzbefohlene der Erwachsenen zu sehen. Eine Pädagogik ausgerichtet an diesem Ansatz fragt somit nicht nur nach Bedürfnissen von Kindern, sondern auch nach ihren Rechten. Die Erwachsenen innerhalb der Institution verstehen sich als Verantwortungsträger*innen für die Umsetzung der Kinderrechte und schaffen Strukturen, durch die sowohl die Förderrechte der Kinder, als auch die Beteiligungs- und Schutzrechte eingehalten werden und ausnahmslos alle Kinder zu ihrem Recht kommen. (vgl. Jörg Maywald 2014)

Die Orientierung an den Kinderrechten und die Umsetzung des Kinderrechtsansatzes ist ein zentraler Baustein guter Qualität jeglicher Einrichtungen für Kinder. Wer für sich in Anspruch nehmen will, qualitativ hochwertige Arbeit mit Kindern zu leisten, muss sich daran messen lassen, inwieweit die eigene Einrichtung zur Verwirklichung der Rechte von Kindern beiträgt. Der Bezug zu den Kinderrechten sollte daher unbedingt in sämtliche Leitbilder und Konzepte aufgenommen werden (vgl. Jörg Maywald 2014)

Kinderrechte kennenlernen, erfahrbar machen und sich für sie einsetzen - der Dreiklang der Menschenrechtsbildung

Kinder verstehen am besten, was Kinderrechte sind, wenn sie erleben, dass sie im Sinne der Kinderrechte behandelt werden, sie selbst ihre Rechte ausüben können und alle Menschen in ihrem Umfeld sich in Anerkennung der Menschenrechte begegnen.

„Da Kinder praktische Gelegenheiten und Erfahrungsräume zur Ausübung ihrer Rechte benötigen, sollte Menschenrechtsbildung in alltäglichen Situationen verankert sein.“ - Deutsches Institut für Menschenrechte 2016

Dabei lässt sich der Zusammenhang von Bedürfnissen und Rechten, Pflichten und Regeln von Beginn an thematisieren und sowohl auf das eigene Handeln als auch auf das Handeln von Anderen beziehen. (vgl. Deutsches Institut für Menschenrechte, 2016)

Um Kindern nicht nur ihre Rechte zu vermitteln, sondern diese Rechte für die Kinder auch erfahrbar zu machen und sie darin zu bestärken, für die Kinderrechte aktiv zu werden, ist außerdem eine Orientierung an den Grundlagen der Menschenrechtsbildung sinnvoll.

Grundlagen der Menschenrechtsbildung

a) die Bildung über Menschenrechte, die unter anderem darin besteht, Wissen und Verständnis über die Menschenrechtsnormen und -grundsätze, die ihnen zugrundeliegenden Werte und die Mechanismen für ihren Schutz zu vermitteln;

b) die Bildung durch Menschenrechte, die unter anderem darin besteht, in einer Weise zu lernen und zu lehren, dass die Rechte sowohl der Lehrenden als auch der Lernenden geachtet werden;

c) die Bildung für Menschenrechte, die unter anderem darin besteht, die Menschen zum Genuss und zur Ausübung ihrer Rechte und zur Achtung und Wahrung der Rechte anderer zu befähigen. (vgl. Generalversammlung der Vereinten Nationen 2011)

Diese drei Ebenen der Menschenrechtsbildung dienen in den folgenden Beiträgen als Strukturierungshilfe. Sie zeigen auf, wie die Kinderrechte in der Grundschule in allen „Räumen“ präsent und handlungsleitend sein können.

Innerhalb der jeweiligen Beiträge Bildung über Kinderrechte, Bildung durch Kinderrechte und Bildung und Handeln für Kinderrechte finden sich konkrete Umsetzungsbeispiele sowie hilfreiche Fragen, die sich einzelne Lehrkräfte und Schulteams in ihrer Planung und Reflexion stellen und als Orientierungsrahmen nutzen können.

Quellenverzeichnis

Deutsches Institut für Menschenrechte (2016): Menschenrechte von Anfang an. Die Bedeutung frühkindlicher Menschenrechtsbildung. Berlin, S. 3.

Maywald, Jörg (2014): Recht haben und Recht bekommen – der Kinderrechtsansatz in Kindertageseinrichtungen. Unter: https://www.kita-fachtexte.de/de/fachtexte-finden/recht-haben-und-recht-bekommen-der-kinderrechtsansatz-in-kindertageseinrichtungen [Zugriff am 03.04.2023]

Generalversammlung der Vereinten Nationen (2011): Erklärung der Vereinten Nationen über Menschenrechtsbildung und -ausbildung. A/RES/66/137. Unter: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/Redaktion/PDF/Menschenrechtsbildung/Erklaerung_der_Vereinten­_Nationen_ueber_Menschenrechtsbildung_und_training.pdf [Zugriff am 03.04.2023]

Zitiervorschlag

Gebhard, Jasmine / Kaletsch, Christa (2023): Grundlagen Kinderrechtebildung. In: Deutsches Kinderhilfswerk (Hrsg): Kinderrechte leben - in Schule und Hort! Online-Dossier. Unter: LINK (Zugriff am: TT.MM.JJJJ).

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