Rechtsgutachten: Kinder-Content im Internet

Weitere Absätze

Das Deutsche Kinderhilfswerk und Campact e.V. haben ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das potenzielle Kindeswohlgefährdung durch kommerzielle Veröffentlichung von Kinderfotos und -videos im Internet untersucht und darstellt. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass durch die Veröffentlichung von Kinder-Content in bestimmten Fällen eine Gefährdung des Kindeswohls anzunehmen ist. Dafür legt es ein Schutzkonzept vor.  

Sharenting – Kinder-Content in den sozialen Medien  

In den meisten Familien ist die Nutzung digitaler Medien nichts neues. Wenn Eltern oder Erziehungsberechtigte potenziell sensible Inhalte ihrer eigenen Kinder in sozialen Netzwerken präsentieren, nennt sich das “Sharenting”. Dabei entstehen Risiken für die Persönlichkeitsrechte und für den Schutz von Kindern. Insbesondere dann, wenn Kinder-Content kommerziell genutzt wird – oft ohne, dass Kindern die Tragweite der Veröffentlichung bewusst ist.  

Hauptaussagen des Gutachtens 

  • Verletzung der Privatsphäre: Die Veröffentlichung von Kinder-Content, bei dem Kinder in intimen oder alltäglichen Situationen gezeigt werden, verletzt das Recht auf Privatsphäre. Dabei geht es auch darum, selbst zu bestimmen, wie die eigene Person in der Öffentlichkeit präsentiert wird.   
  • Fehlende Einwilligung: Oftmals werden Beiträge ohne die deutliche Zustimmung von Kindern geteilt, da sie zu jung sind, um eine reflektierte Entscheidung zu treffen. Eltern oder Erziehungsberechtigte sind dazu verpflichtet, Kinder mit in den Prozess einer Veröffentlichung von Kinder-Content in sozialen Medien mit einzubeziehen und ihr Mitbestimmungsrecht zu achten.  
  • Kommerzielle Ausnutzung: Nutzen Eltern oder Erziehungsberechtigte diese Inhalte zu kommerziellen Zwecken, beispielsweise um Werbeeinnahmen im Bereich des Influencer-Marketings zu generieren, kann dies als Kindeswohlgefährdung eingestuft werden. Kinderarbeit ist grundsätzlich verboten. Für Ausnahmefälle braucht es immer eine entsprechende Erlaubnis der Behörden. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Kind das Produzieren von Kinder-Content als Arbeit ansieht oder nicht.  

Empfehlungen des Gutachtens 

Das Gutachten betont, dass gesetzliche Regelungen und entsprechende Rechtsfolgen notwendig sind, um Kinder vor Veröffentlichungen sensibler Inhalte im kommerziellen Kontext speziell auf Social Media zu schützen. Das Schutzkonzept umfasst unter anderem folgende Punkte: 

  1. Sensibilisierung: Eltern und Erziehungsberechtigte müssen über potenzielle Gefahren und rechtliche Konsequenzen durch das Teilen von Kinder-Content in sozialen Medien aufgeklärt werden. Besonders kritisch mit Blick auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung sind intime Fotos von leichtbekleideten Kindern oder von Kindern in sexuell assoziierbarer Körperhaltung, Fotos von verletzten oder kranken Kindern, Fotos in alltäglichen Situationen, etwa essende oder schlafende Kinder und Fotos zu Werbezwecken.  

  1. Rechtliche Maßnahmen: Das Rechtsgutachten fordert einen klaren Gesetzesrahmen, der die kommerzielle Veröffentlichung von Kinder-Content ohne die informierte und ausdrückliche Zustimmung des Kindes untersagt. Das vorgeschlagene Schutzkonzept sieht ein mehrstufiges Einwilligungskonzept vor, welches die Veröffentlichung von kommerziellem Kinder-Content bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres verbietet. Ab dem siebten Lebensjahr ist zusätzlich eine ergänzende gesetzliche Vertretung (Ergänzungspfleger*in) nötig, um das Kindeswohl zu sichern. Ab 10 bis 12 Jahren muss das Kind neben den Eltern aktiv in die Entscheidung einbezogen werden und seine Einwilligung geben. Ab dem 16. Lebensjahr kann das Kind alleine entscheiden, ob seine Bilder veröffentlicht werden. Außerdem sollte beachtet werden, dass im Fall von Kinderarbeit die behördliche Arbeitsbewilligung erforderlich ist. Kindern sollten, die durch die Veröffentlichung von Kinder-Content generierten Einnahmen, später zur Verfügung gestellt werden.   

  1. Stärkung der Kinderrechte: Das Ergebnis des Rechtsgutachtens soll das Bewusstsein der Kinderrechte im digitalen Raum fördern und bei der Durchsetzung dieser Rechte unterstützen. 

Rolle pädagogischer Fachkräfte 

Lehrkräfte und pädagogisches Personal spielen eine entscheidende Rolle bei der Sensibilisierung zu Kinderrechten im digitalen Raum. Sie können sowohl Eltern als auch Kinder über die Risiken und rechtlichen Aspekte der Veröffentlichung von Kinder-Content im Internet aufklären. Kinderrechte können durch die Förderung von Medienkompetenz gestärkt und geschützt werden.

Hier finden Sie Beispiele, um den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien zu fördern: