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Dieser Beitrag wurde von Maike Simla und Mariama Jaiteh verfasst. Maike Simla leitet das Projekt Kinderrechteschulen, Mariama Jaiteh ist als studentische Mitarbeiterin Teil des Projekts. Beide sind in der Abteilung Kinderrechte und Bildung des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V. tätig.

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Rechtliche und Programmatische Rahmenbedingungen zur Umsetzung von Kinderrechten

Auf dieser Seite finden Sie Rahmenbedingungen zur Umsetzung von Kinderrechten in Schule und Hort für das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern.

Kinderrechte im Landesgesetz

In der Landesverfassung von Mecklenburg-Vorpommern findet die UN-Kinderrechtskonvention zwar keine explizite Erwähnung, allerdings sind einige Aspekte der Kinderrechte sinngemäß u.a. im Artikel 14 enthalten. (Stand 2021)

Artikel 14 (Schutz der Kinder und Jugendlichen)
  1. Kinder und Jugendliche genießen als eigenständige Personen den Schutz des Landes, der Gemeinden und Kreise vor körperlicher und seelischer Vernachlässigung. Sie sind durch staatliche und kommunale Maßnahmen und Einrichtungen gegen Ausbeutung sowie gegen sittliche, geistige und körperliche Verwahrlosung und gegen Misshandlung zu schützen.
  2. […]
  3. Kinder und Jugendliche sind vor Gefährdung ihrer körperlichen und seelischen Entwicklung zu schützen.
  4. Kinder und Jugendliche sind Träger von Rechten, deren Ausgestaltung die Persönlichkeit fördert und ihren wachsenden Fähigkeiten und Bedürfnissen zu selbstständigem Handeln entspricht. Land, Gemeinden und Kreise fördern die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an der Gesellschaft.

Es finden sich noch weitere Förderrechte in der Verfassung. Eine genaue Analyse finden Sie auf der Landkarte Kinderrechte des Deutschen Instituts für Menschenrechte.

Kinderrechte im Schulgesetz

Im Schulgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern wird die UN-Kinderrechtskonvention nicht explizit erwähnt. Dennoch sind verschiedene Aspekte der Kinderrechte sinngemäß enthalten, u.a. das Recht auf Beteiligung sowie das Recht auf ein verantwortungsbewusstes Leben.

Hinweis: Die nachfolgende Beschreibung des gesetzlichen Rahmens erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern fokussiert sich auf ausgewählte Aspekte der Kinderrechte (Diskriminierungsschutz, Beteiligung, Vorbereitung auf ein verantwortungsbewusstes Leben) im Schulgesetz. Sie beruht hauptsächlich auf einer Studie von InterVall aus dem Jahr 2021 (vgl. InterVall 2022). Die nachfolgende Beschreibung wird ggf. noch erweitert oder im Laufe der Zeit aktualisiert.

Recht auf Schutz vor Diskriminierung

Laut UN-Kinderrechtskonvention haben Kinder ein Recht darauf, gleichbehandelt zu werden und vor Diskriminierung geschützt zu sein (Artikel 2 UN-KRK).

Das Schulgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern sichert allen Schüler*innen das Recht auf Bildung und Zugang zu allen öffentlichen Bildungseinrichtungen (je nach Begabung) zu (§ 1, Abs. 1 & 2). In § 1 Abs. 2 SchulG M-V wird die Verpflichtung zu Inklusion sowie der Ausgleich von Benachteiligung und entsprechende Förderung von Kindern mit Behinderung genannt (§ 1 Abs. 2 SchulG M-V).

Es wird im Schulgesetz zwar kein explizites Diskriminierungsverbot formuliert, das Schulgesetz enthält jedoch den Verweis auf die Anerkennung der Werteordnung des Grundgesetzes und die Vermittlung einer Respektkultur und wertschätzender Kommunikation (§ 2 Abs. 1 SchulG M-V).

Die betreffenden Artikel im Wortlaut

§ 1 Schulische Bildung und Erziehung für jeden

(1) Jeder hat ein Recht auf schulische Bildung und Erziehung. Dieses Recht wird durch Schulen gewährleistet, die nach Maßgabe dieses Gesetzes einzurichten und zu unterhalten sind. Aus diesem Recht auf schulische Bildung ergeben sich einzelne Ansprüche, soweit sie durch oder aufgrund dieses Gesetzes bestimmt sind.

(2) Jeder hat nach seiner Begabung das Recht auf freien Zugang zu allen öffentlichen Bildungseinrichtungen, unabhängig von seiner wirtschaftlichen und sozialen Lage sowie seiner weltanschaulichen oder politischen Überzeugung. In diesem Zusammenhang wirkt Schule darauf hin, dass Benachteiligungen von behinderten Schülerinnen und Schülern, die aus individuellen Beeinträchtigungen durch die Behinderung resultieren, möglichst weitgehend ausgeglichen werden. Dieses Ziel wird im Zusammenwirken der Träger der öffentlichen und freien Schulen erreicht.

§ 2 Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule

(1) Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen wird bestimmt durch die Wertentscheidungen, die im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und in der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern niedergelegt sind. Zu ihnen gehört eine Kultur des gegenseitigen Respekts und der wertschätzenden Kommunikation, die die Würde der Schülerpersönlichkeit wie der Lehrpersönlichkeit achtet. Ziel der schulischen Bildung und Erziehung ist die Entwicklung zur mündigen, vielseitig entwickelten Persönlichkeit, die im Geiste der Geschlechtergerechtigkeit und Toleranz bereit ist, Verantwortung für die Gemeinschaft mit anderen Menschen und Völkern sowie gegenüber künftigen Generationen zu tragen.

Reflexionsfrage: Inwiefern werden die im Schulgesetz gesicherten Rechte auf Schutz vor Diskriminierung in Ihrer Schule umgesetzt? Inwiefern gelten diese tatsächlich für alle Schüler*innen?

Recht auf Beteiligung

Kinder haben laut UN-Kinderrechtskonvention (Artikel 12) das Recht, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern. Die Meinung des Kindes muss angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife berücksichtigt werden.

Das Schulgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern garantiert allen Schüler*innen das Recht auf Beteiligung. Schüler*innen sollen als Akteur*innen bei der Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages der Schule, also am schulischen Leben und schulischem Angebot, mitwirken (§ 4 Abs. 4 SchulG M-V). Schüler*innen wird außerdem gemäß Alter und Entwicklung ein Höchstmaß an Mitwirkung im Unterricht und Erziehung zugesichert. (§ 4 Abs. 5 SchulG M-V). Schüler*innen sollen an der Auswahl von Unterrichtsinhalten beteiligt werden (§ 4 Abs. 9 SchulG M-V).

In § 74 Abs.1 wird explizit erwähnt, dass die Verwirklichung des Bildungs- und Erziehungsauftrages eine Zusammenarbeit und Mitwirkung an Entscheidungen und Maßnahmen der Schule von allen an Schule Beteiligten erfordert. In § 80 werden außerdem verschiedenen Mitwirkungsmöglichkeiten der Schüler*innen (Wahrung der Interessen, Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen, Mithilfe bei Lösung von Konflikten) genauer benannt. 

Die betreffenden Artikel im Wortlaut

§ 4 Grundsätze für die Verwirklichung des Auftrags der Schulen

(4) Das Land, die kommunalen Gebietskörperschaften und die freien Träger wirken bei der Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule mit Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern, Erziehungsberechtigten und den für die außerschulische Berufsausbildung Verantwortlichen nach Maßgabe dieses Gesetzes zusammen.

(5) […] Die Schule ermöglicht den Schülerinnen und Schülern gemäß ihrem Alter und ihrer Entwicklung ein Höchstmaß an Mitwirkung in Unterricht und Erziehung, damit sie ihren Bildungsweg individuell und eigenverantwortlich gestalten und zur Selbstständigkeit gelangen können. […]

(9) Die Schülerinnen und Schüler sind auf der Grundlage der Rahmenpläne an der Auswahl der Unterrichtsinhalte zu beteiligen. Die fachlichen und pädagogischen Ziele des Unterrichts sind ihnen zu erläutern.

§ 74 Grundsätze der Schulmitwirkung

(1) Die Verwirklichung des Bildungs- und Erziehungsauftrages der Schule erfordert eine vertrauensvolle und partnerschaftliche Zusammenarbeit von Lehrerinnen und Lehrern, Erziehungsberechtigten, Schülerinnen und Schülern und den sonstigen am Schulwesen Beteiligten sowie deren Mitwirkung an den Entscheidungen und Maßnahmen der Schule. Die Mitwirkungsgremien müssen bei ihrer Tätigkeit die pädagogische Verantwortung der Lehrerinnen und Lehrer bei der Gestaltung der Bildungs- und Erziehungsarbeit beachten.

§ 80 Schülervertretungen und ihre Aufgaben

(2) Im Rahmen der Schülermitwirkung soll allen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit gegeben werden, Leben und Unterricht in ihrer Schule ihrem Alter und ihrer Verantwortungsfähigkeit entsprechend mitzugestalten. Die Schülerinnen und Schüler können sich dabei [...] unterstützen und beraten lassen. Die Mitwirkung dient der Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages. In diesem Sinne können die Schülerinnen und Schüler selbstgestellte Aufgaben in eigener Verantwortung durchführen.

(3) Zu den Aufgaben der Schülermitwirkung gehören insbesondere

  1. die Wahrnehmung der Interessen der Schülerinnen und Schüler bei der Gestaltung der Bildungs- und Erziehungsarbeit (Informations-, Anhörungs- und Vorschlagsrecht) in der Schule, gegenüber den Schulbehörden und der Öffentlichkeit,
  2. die Förderung der fachlichen und gemeinschaftsbezogenen Interessen der Schülerinnen und Schüler,
  3. die Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen,
  4. die Mithilfe bei der Lösung von Konfliktfällen.

Reflexionsfrage: Inwiefern werden die im Schulgesetz gesicherten Rechte auf Beteiligung in Ihrer Schule umgesetzt? Gibt es verbindliche Beteiligungsstrukturen, die Mitwirkung auch außerhalb der klassischen Gremien ermöglichen? Sind diese so ausgestaltet, dass sie für alle Schüler*innen zugänglich sind?

Recht auf die Vorbereitung auf ein verantwortungsbewusstes Leben

Kinder haben laut UN-Kinderrechtskonvention (Artikel 29) das Recht, auf ein verantwortungsbewusstes Leben in einer freien Gesellschaft vorbereitet zu werden. Dieses Recht wird im Schulgesetz von Mecklenburg-Vorpommern insofern gewährleistet, als dass im § 3 SchulG M-V als zentrale Lernziele u.a. soziale und politische Mitverantwortung, Vermittlung demokratischer Werte wie Gerechtigkeit, Toleranz und Respekt sowie die Entwicklung von interkulturellen Kompetenzen für ein friedliches Zusammenleben formuliert sind. Der Grundsatz des Auftrags der Schule zur Entwicklung der Schüler*innen zu Eigenverantwortlichkeit und Gemeinschaftsfähigkeit wird nochmals im § 4 Abs. 7 SchulG M-V betont.

Im Grundschulabschnitt § 13 Abs. 1 SchulG M-V wird die Grundschule ebenfalls explizit als Ort zur Förderung von u.a. sozialen Kompetenzen und dem selbständigen Denken und Lernen benannt.

Die betreffenden Artikel im Wortlaut

§ 3 Lernziele

Die Schülerinnen und Schüler sollen in der Schule insbesondere lernen,

  1. Selbstständigkeit zu entwickeln und eigenverantwortlich zu handeln,
  2. die eigene Wahrnehmungs-, Erkenntnis- und Ausdrucksfähigkeit zu entfalten,
  3. selbstständig wie auch gemeinsam mit anderen Leistungen zu erbringen,
  4. soziale und politische Mitverantwortung zu übernehmen sowie sich zusammenzuschließen, um gemeinsame Interessen wahrzunehmen,
  5. sich Informationen zu verschaffen und sie kritisch zu nutzen,
  6. mit digitalen Medien kompetent umzugehen, sich in einer digital geprägten Welt zu orientieren und an deren Gestaltung teilzuhaben,
  7. die eigene Meinung zu vertreten und die Meinung anderer zu respektieren,
  8. die grundlegenden Normen des Grundgesetzes zu verstehen und für ihre Wahrung sowie
  9. für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung einzutreten,
  10. in religiösen und weltanschaulichen Fragen persönliche Entscheidungen zu treffen und Verständnis und Toleranz gegenüber den Entscheidungen anderer zu entwickeln,
  11. eigene Rechte zu wahren und die Rechte anderer auch gegen sich selbst gelten zu lassen sowie Pflichten zu akzeptieren und ihnen nachzukommen,
  12. Konflikte zu erkennen, zu ertragen und sie vernünftig zu lösen,
  13. Ursachen und Gefahren totalitärer und autoritärer Herrschaft zu erkennen, ihnen zu widerstehen und entgegenzuwirken,
  14. Verständnis für die Eigenart und das Existenzrecht anderer Völker, für die Gleichheit und das Lebensrecht aller Menschen zu entwickeln,
  15. mit der Natur und Umwelt verantwortungsvoll umzugehen,
  16. für die Gleichstellung von Frauen und Männern einzutreten,
  17. Verständnis für wirtschaftliche und ökologische Zusammenhänge zu entwickeln,
  18. eine begründete Berufswahl zu treffen.

§ 4 Grundsätze für die Verwirklichung des Auftrags der Schulen

(7) Jede Schule ist für die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags verantwortlich. Das Ziel ist die Entwicklung der einzelnen Schülerin oder des einzelnen Schülers zu Eigenverantwortlichkeit, Selbstständigkeit und Gemeinschaftsfähigkeit. […]

§ 13 Die Grundschule

(1) Die Grundschule […] fördert das selbstständige Denken, Lernen, Handeln und Arbeiten sowie soziale Kompetenzen. […]

Reflexionsfrage: Inwiefern werden die im Schulgesetz gesicherten Rechte zur Vorbereitung auf ein verantwortungsbewusstes Leben in Ihrer Schule umgesetzt?

Kinderrechte im Rahmenlehrplan

Dieser Inhalt folgt in Kürze.

Quellenverzeichnis

Deutsches Institut für Menschenrechte (2021): Kinderrechte in den Verfassungen der Bundesländer 2021 – Landkarte Kinderrechte. Unter: https://landkarte-kinderrechte.de/kinderrechte-in-den-verfassungen-der-bundeslaender/

Kraft, Carina / Ornig, Nikola / Valtin, Anne / Dethlefsen, Lena (InterVal GmbH) (2022): Dokumentenanalyse. Vorgaben zur Verankerung von Kinderrechten und Demokratiebildung im Primarbereich. Schriftenreihe des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V. – Heft 11.

Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Schulgesetz - SchulG M-V) vom 10. September 2010. Unter: https://www.landesrecht-mv.de/bsmv/document/jlr-SchulGMV2010rahmen

Vorgeschlagene Zitierweise

Simla, Maike / Jaiteh, Mariama (2023): Rechtliche und Programmatische Verpflichtungen. Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. In: Deutsches Kinderhilfswerk (Hrsg): Kinderrechte leben - in Schule und Hort! Online-Dossier. Unter: LINK (Zugriff am: TT.MM.JJJJ)

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