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An einer Garderobe hängen Jacken, Turnbeutel und es liegen Rucksäcke und Kleidung auf einer Bank darunter. An der Garderobe hängen außerdem zwei Paragraphen.
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Ausschnitt des Logos des Deutschen Kinderhilfswerks.
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Kurztext

Dieser Beitrag wurde von Maike Simla und Mariama Jaiteh verfasst. Maike Simla leitet das Projekt "Kinderrechteschule", Mariama Jaiteh ist als studentische Mitarbeiterin Teil des Projekts. Beide sind in der Abteilung Kinderrechte und Bildung des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V. tätig.

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Wie sehen die rechtlichen und programmatischen Rahmenbedingungen für Grundschulen und Ganztag aus?

Kinder haben ein Recht darauf, ihre Rechte kennenzulernen und dass ihre Rechte in allen Lebensbereichen gewahrt werden. Der Staat, Erwachsene und Institutionen haben dafür die Verantwortung. Dieser Beitrag gibt eine Übersicht, wie die Umsetzung sowie die Bekanntmachung der Kinderrechte rechtlich und programmatisch auf verschiedenen Ebenen in Bezug auf das Bildungssystem Schule sowie die daran angrenzende Betreuung von jungen Menschen verankert sind.

Rechtliche und programmatische Vorgaben für Schule und Ganztag auf internationaler Ebene

Die UN-Kinderrechtskonvention

Auf internationaler Ebene haben sich fast alle Staaten der Welt auf die Umsetzung von Kinderrechten geeinigt.

Deutschland hat 1992 die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet, sie ist somit geltendes Recht in Deutschland. Aus der Kinderrechtskonvention leiten sich daher auch verschiedene rechtliche Verpflichtungen für die Institution Schule, den Ganztag und Fachkräfte ab:

Artikel 42:

“Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die Grundsätze und Bestimmungen dieses Übereinkommens durch geeignete und wirksame Maßnahmen bei Erwachsenen und auch bei Kindern allgemein bekannt zu machen.”

Schule als staatliche Institution hat hier also eine besondere Verantwortung und Aufgabe, die Kinderrechte bei Kindern bekannt zu machen.

Details zu ausgewählten Kinderrechten, die für Schulen und Ganztag wichtig sind, finden Sie auf der Seite Bedeutsame Kinderrechte in Schulen. Hier sind die einzelnen Rechte inkl. deren Bedeutung im Schul- und Hortalltag, Umsetzungsbeispiele und Originalfassungen für Sie zusammengefasst. 

Eine erste Übersicht gibt folgendes Schaubild:

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11 ausgewählte Kinderrechte sind zu sehen, mit kurzen Beschreibungen der Techte.
11 Ausgewählte Kinderrechte. Zum Vergrößern klicken. © Deutsches Kinderhilfswerk

 

Bildungsziele der UN-Kinderrechtskonvention

Auch was den programmatischen Bereich von Schule und Ganztag angeht, gibt es internationale Vorgaben, die in der UN-Kinderrechtskonvention festgehalten wurden. Die UN-Kinderrechtskonvention enthält einen Artikel darüber, wie Bildung ausgerichtet sein sollte.

Artikel 29:

Die Vertragsstaaten stimmen darin überein, dass die Bildung des Kindes darauf gerichtet sein muss,

a) die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen;

b) dem Kind Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten und den in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsätzen zu vermitteln;

c) dem Kind Achtung vor seinen Eltern, seiner kulturellen Identität, seiner Sprache und seinen kulturellen Werten, den nationalen Werten des Landes, in dem es lebt, und gegebenenfalls des Landes, aus dem es stammt, sowie vor anderen Kulturen als der eigenen zu vermitteln;

d) das Kind auf ein verantwortungsbewusstes Leben in einer freien Gesellschaft im Geist der Verständigung, des Friedens, der Toleranz; der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Freundschaft zwischen allen Völkern und ethnischen, nationalen und religiösen Gruppen sowie zu Ureinwohnern vorzubereiten;

e) dem Kind Achtung vor der natürlichen Umwelt zu vermitteln.

Anhand dieser Ziele wird besonders deutlich: Bildung sollte also über die bloße Wissensvermittlung hinaus gehen.

Der Ausschuss für die Rechte des Kindes hat einen Kinderrechtekommentar zu den Bildungszielen verfasst: General Comment No.1. Eine leichte Erläuterung des Kinderrechtskommentar zu Artikel 29 finden Sie hier: ABC der Kinderrechte #2: B wie Bildungsziele

Rechtliche und programmatische Vorgaben für Schule und Ganztag auf nationaler Ebene

Geltung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland

Die UN-Kinderrechtskonvention ist in Deutschland auf nationaler Ebene als einfaches Bundesgesetz 1992 in Kraft getreten. Die in der UN-Kinderrechtskonvention enthaltenen Rechte für Kinder sind seitdem verbindlich geltendes Recht in Deutschland, auf das sich alle Menschen unter 18 Jahren berufen können (Artikel 1 UN-KRK). 

Kinderrechte im Grundgesetz

Bisher berücksichtigt das Grundgesetz als leitendes, über allen anderen Rechtsnormen stehendes Gesetz die Kinderrechte nur unzureichend. Es enthält nur Aussagen über Kinder, nicht für Kinder. Spezielle Kinderrechte werden im Grundgesetz nicht erwähnt. Die UN-Kinderrechtskonvention steht bisher als einfachen Bundesgesetzes also unter dem Grundgesetz.

Kinderrechte gehören ins Grundgesetz. Unterstützen Sie die Initiative: Kinderrechte ins Grundgesetz | Deutsches Kinderhilfswerk (dkhw.de)

Kinderrechte im SGB VIII

Das SGB-VIII enthält in verschiedenen Artikeln Vorgaben zur Umsetzung der Kinderrechte. 

Artikel 8 behandelt das Recht von Kindern auf Beteiligung explizit:

  • Kinder und Jugendliche sind ihrem Entwicklungsstand entsprechend an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte hinzuweisen.
  • Außerdem haben sie das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden.
  • Kinder und Jugendliche haben im Falle einer Not- und Konfliktlage Anspruch auf Beratung, ohne dass die Personensorgeberechtigten davon in Kenntnis gesetzt sind.  

Auch in Artikel 8b) (Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen) ist das Recht von Kindern auf (Unterstützung bei) Beteiligung und Beschwerde festgeschrieben:

  • Träger von Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche sich aufhalten oder Unterkunft erhalten, haben An­spruch auf Beratung bei der Entwicklung und Anwendung fachlicher Handlungsleitlinien zu Verfahren der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an strukturellen Entscheidungen in der Einrichtung und Beschwerdeverfahren zu persönlichen Angelegenheiten.

Die Sicherung der Kinderrechte und somit des Kindeswohls ist laut Artikel 45 2 (3) außerdem grundlegend für die Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung:

  • Der Träger einer Einrichtung, in der Kinder und Jugendliche ganztätig bzw. einen Teil des Tages betreut werden, bedarf für den Betrieb dieser Einrichtung eine Erlaubnis. Die Erlaubnis ist nur dann zu erteilen, wenn das Wohl der Kinder und Jugendlichen gewährleistet ist, z. B. durch die Sicherung der Rechte der Kinder und Jugendlichen durch Beteiligung und der Möglichkeit Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten einzulegen.

Erklärungen der Kultusministerkonferenz zu den Kinderrechten

Die Kultusministerkonferenz hat 2006 eine „Erklärung zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes“ abgegeben.

Darin heißt es unter anderem:

  • Die Kultusministerkonferenz bekennt sich ausdrücklich zu der Kinderrechtskonvention und dem darin festgeschriebenen Recht des Kindes auf Bildung, von dessen Verwirklichung die Zukunft des Einzelnen wie auch der Gesellschaft nicht unwesentlich abhängt.
  • Die Kultusministerkonferenz spricht sich dafür aus, dass die Subjektstellung des Kindes und dessen allseitiger Entfaltungsanspruch in allen Schulstufen und –arten zu respektieren sind und Maßnahmen zur Förderung von Begabungsvielfalt sowie zur Vermeidung von sozialer Ausgrenzung verstärkt werden müssen.
  • Die Kultusministerkonferenz spricht sich dafür aus, dass die altersgerechte Berücksichtigung der Rechte des Kindes auf Schutz und Fürsorge sowie auf Partizipation essentiell für die Schulkultur ist.

Außerdem hat die Kultusministerkonferenz 2018 eine Erklärung zu Menschenrechtsbildung in der Schule veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem:

  • Die Thematisierung und Verwirklichung der Menschenrechte, und damit auch der Kinderrechte, ist Teil einer nachhaltigen und umfassenden Unterrichts- und Schulentwicklung. Dies ist Aufgabe aller Lehrerinnen und Lehrer sowie aller in Schulen tätigen Fachkräfte und ein wichtiger Gegenstand in der Zusammenarbeit von Schule und häuslichem Umfeld. Dazu gehört in besonderem Maße die Ermutigung und Unterstützung der Schülerinnen und Schüler zur Wahrnehmung ihrer eigenen Rechte und zum Eintreten für die Rechte andere.

Rechtliche und programmatische Vorgaben auf Länderebene

In den Ländern gibt es verschiedene Rahmenbedingungen für die Umsetzung und Bekanntmachung der Kinderrechte. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht für die einzelnen Bundesländer.

Die rechtliche Ausgangslage für Kinderrechte in Schulen und im Ganztag ist in den Bundesländern sehr unterschiedlich ausgeprägt, dennoch gilt für alle: Kinderrechte sind bereits geltendes Recht in Deutschland und Institutionen müssen sich damit beschäftigen. Auch auf programmatischer Ebene gibt es bereits Vorgaben für die Vermittlung von Kinderrechten. Dieses Dossier kann zusätzlich unterstützen und als Orientierung dienen.

Vorgeschlagene Zitierweise

Jaiteh, Mariama / Simla, Maike (2023): Rechtliche und Programmatische Verpflichtungen. In: Deutsches Kinderhilfswerk (Hrsg): Kinderrechte leben - in Schule und Hort! Online-Dossier. Unter: LINK (Zugriff am: TT.MM.JJJJ)

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