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Dieser Beitrag wurde von Maike Simla und Mariama Jaiteh verfasst. Maike Simla leitet das Projekt Kinderrechteschulen, Mariama Jaiteh ist als studentische Mitarbeiterin Teil des Projekts. Beide sind in der Abteilung Kinderrechte und Bildung des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V. tätig.

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Rechtliche und Programmatische Rahmenbedingungen zur Umsetzung von Kinderrechten

Auf dieser Seite finden Sie Rahmenbedingungen zur Umsetzung von Kinderrechten in Schule und Hort für das Bundesland Niedersachsen.

Kinderrechte im Landesgesetz

In der Landesverfassung von Niedersachsen findet die UN-Kinderrechtskonvention zwar keine explizite Erwähnung, allerdings sind einige Aspekte der Kinderrechte sinngemäß u.a. in Artikel 4a enthalten.

Artikel 4a – Schutz und Erziehung von Kindern und Jugendlichen
  1. Kinder und Jugendliche haben als eigenständige Personen das Recht auf Achtung ihrer Würde und gewaltfreie Erziehung.
  2. Wer Kinder und Jugendliche erzieht, hat Anspruch auf angemessene staatliche Hilfe und Rücksichtnahme. Staat und Gesellschaft tragen für altersgerechte Lebensbedingungen Sorge.
  3. Kinder und Jugendliche sind vor körperlicher und seelischer Vernachlässigung und Misshandlung zu schützen.

Die Landesverfassung enthält außerdem weitere Schutz- und Förderrechte für Kinder. Eine genaue Analyse finden Sie auf der Landkarte Kinderrechte des Deutschen Instituts für Menschenrechte.

Kinderrechte im Schulgesetz

Im Schulgesetz des Landes Niedersachsen wird die UN-Kinderrechtskonvention nicht explizit erwähnt. Die allgemeinen Vorgaben im Schulgesetz sind insgesamt sehr kurzgefasst und greifen einzig das Kinderrecht auf Vorbereitung auf ein verantwortungsbewusstes Leben (Artikel 29, Absatz 1d der UN-KRK) sinngemäß auf. Einige kinderrechtliche Aspekte lassen sich implizit finden.

Hinweis: Die nachfolgende Beschreibung des gesetzlichen Rahmens erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern fokussiert sich auf ausgewählte Aspekte der Kinderrechte (Diskriminierungsschutz, Beteiligung, Vorbereitung auf ein verantwortungsbewusstes Leben) im Schulgesetz. Sie beruht hauptsächlich auf einer Studie von InterVall aus dem Jahr 2021 (vgl. InterVall 2022). Die nachfolgende Beschreibung wird ggf. noch erweitert oder im Laufe der Zeit aktualisiert.

Recht auf Schutz vor Diskriminierung

Laut UN-Kinderrechtskonvention haben Kinder ein Recht darauf, gleichbehandelt zu werden und vor Diskriminierung geschützt zu sein (Artikel 2 UN-KRK).

Die allgemeinen Vorgaben des Schulgesetzes Niedersachsen greifen das Kinderrecht auf Schutz vor Diskriminierung nicht explizit auf. Durch den Verweis in § 2 (1) (NSchG), dass Erziehung und Unterricht dem Grundgesetz und der Niedersächsischen Verfassung entsprechen müssen und entsprechende Werte zu vermitteln hat, ergibt sich jedoch ein implizites Diskriminierungsverbot. In § 3 ist außerdem ein Diskriminierungsverbot bzgl. der Weltanschauung und des Bekenntnisses und in § 4 die Verpflichtung zur inklusiven Schule und einem barrierefreien und gleichberechtigten Zugang formuliert.

Die betreffenden Artikel im Wortlaut

§ 2 Bildungsauftrag der Schule

(1) Die Schule soll im Anschluss an die vorschulische Erziehung die Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage des Christentums, des europäischen Humanismus und der Ideen der liberalen, demokratischen und sozialen Freiheitsbewegungen weiterentwickeln. Erziehung und Unterricht müssen dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und der Niedersächsischen Verfassung entsprechen; die Schule hat die Wertvorstellungen zu vermitteln, die diesen Verfassungen zugrunde liegen. […]

§ 3 Freiheit des Bekenntnisses und der Weltanschauung

(1) Die öffentlichen Schulen sind grundsätzlich Schulen für Schülerinnen und Schüler aller Bekenntnisse und Weltanschauungen.

(2) In den öffentlichen Schulen werden die Schülerinnen und Schüler ohne Unterschied des Bekenntnisses und der Weltanschauung gemeinsam erzogen und unterrichtet. In Erziehung und Unterricht ist die Freiheit zum Bekennen religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen zu achten und auf die Empfindungen Andersdenkender Rücksicht zu nehmen.[…]

§ 4 Inklusive Schule

(1) 1 Die öffentlichen Schulen ermöglichen allen Schülerinnen und Schülern einen barrierefreien und gleichberechtigten Zugang und sind damit inklusive Schulen. [...]

Reflexionsfrage: Inwiefern werden die im Schulgesetz gesicherten Rechte auf Schutz vor Diskriminierung in Ihrer Schule umgesetzt? Inwiefern gelten diese tatsächlich für alle Schüler*innen?

Recht auf Beteiligung

Kinder haben laut UN-Kinderrechtskonvention (Artikel 12) das Recht, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern. Die Meinung des Kindes muss angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife berücksichtigt werden.

Das Schulgesetz des Landes Niedersachsen sichert Schüler*innen nur teilweise ihr Recht auf Beteiligung zu. In § 80 NSchG werden Beteiligungsgremien der Schulen beschrieben, in denen Schüler*innen mitwirken können, jedoch wird Beteiligung nicht als übergreifender Grundsatz genannt und für Schüler*innen im Primarbereich sind diese Gremien nur als „Kann“-Option formuliert (§ 73 NSchG).

Die betreffenden Artikel im Wortlaut

§ 73 Klassenschülerschaft

1In jeder Klasse vom 5. Schuljahrgang an (Klassenschülerschaft) werden eine Klassensprecherin oder ein Klassensprecher (Klassenvertretung), deren oder dessen Stellvertreterin oder Stellvertreter sowie die Vertreterinnen oder Vertreter in der Klassenkonferenz und deren Ausschuss nach § 39 Abs. 1 gewählt. 2 Im Primarbereich und im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung einer Förderschule kann nach Satz 1 gewählt werden.

§ 80 Mitwirkung in der Schule

(1) 1 Von den Klassenschülerschaften und dem Schülerrat sowie in Schülerversammlungen der Schule und der in den §§ 76 und 77 Abs. 1 bezeichneten organisatorischen Bereiche und Gliederungen können alle schulischen Fragen erörtert werden. […] 3 An den Schülerversammlungen der Schule nehmen nur die Schülerinnen und Schüler vom 5. Schuljahrgang an teil; § 73 Satz 2 gilt entsprechend.

(2) 1 Die Vertreterinnen und Vertreter im Schulvorstand, in den Konferenzen und Ausschüssen berichten dem Schülerrat oder der jeweiligen Klassenschülerschaft regelmäßig über ihre Tätigkeit. 2 § 41 bleibt unberührt. 3Der Schülerrat kann den Schülerinnen und Schülern der Schule über seine Tätigkeit berichten.

(3) 1 Schülerrat und Klassenschülerschaften sind von der Schulleitung, dem Schulvorstand, der zuständigen Konferenz oder den Bildungsgangs- und Fachgruppen vor grundsätzlichen Entscheidungen, vor allem über die Organisation der Schule und die Leistungsbewertung, zu hören. 2 Inhalt, Planung und Gestaltung des Unterrichts sind mit den Klassenschülerschaften zu erörtern.

(4) Schulleitung und Lehrkräfte haben dem Schülerrat und den Klassenschülerschaften die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. […]

Reflexionsfrage: Inwiefern wird das Kinderrecht auf Beteiligung in Ihrer Schule umgesetzt? Gibt es verbindliche Beteiligungsstrukturen, die Mitwirkung auch außerhalb der klassischen Gremien ermöglichen? Sind diese so ausgestaltet, dass sie für alle Schüler*innen zugänglich sind?

Recht auf die Vorbereitung auf ein verantwortungsbewusstes Leben

Kinder haben laut UN-Kinderrechtskonvention (Artikel 29) das Recht, auf ein verantwortungsbewusstes Leben in einer freien Gesellschaft vorbereitet zu werden.

Das Schulgesetz des Landes Niedersachsen enthält dieses Recht insofern, dass es zentraler Auftrag der Schule ist, die Persönlichkeit von Schüler*innen auf Grundlage der Demokratie weiterzuentwickeln (§2 Abs. 1 NSchG). Schule soll der Verfassung entsprechende Wertvorstellungen vermitteln, es werden in § 2 Absatz 1 verschiedene Aspekte der Befähigung zu einem verantwortungsbewussten Leben benannt. Zum Beispiel die Befähigung zu Selbstständigkeit, zur eigenverantwortlichen Teilhabe am sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben, die Vermittlung demokratischer Werte wie Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Toleranz sowie die Entwicklung von interkulturellen Kompetenzen für eine gemeinsame Zukunft.

Die betreffenden Artikel im Wortlaut

§ 2 Bildungsauftrag der Schule

(1) Die Schule soll im Anschluss an die vorschulische Erziehung die Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage des Christentums, des europäischen Humanismus und der Ideen der liberalen, demokratischen und sozialen Freiheitsbewegungen weiterentwickeln. Erziehung und Unterricht müssen dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und der Niedersächsischen Verfassung entsprechen; die Schule hat die Wertvorstellungen zu vermitteln, die diesen Verfassungen zugrunde liegen. Die Schülerinnen und Schüler sollen fähig werden,

  • die Grundrechte für sich und jeden anderen wirksam werden zu lassen, die sich daraus ergebende staatsbürgerliche Verantwortung zu verstehen und zur demokratischen Gestaltung der Gesellschaft beizutragen,
  • nach ethischen Grundsätzen zu handeln sowie religiöse und kulturelle Werte zu erkennen und zu achten,
  • ihre Beziehungen zu anderen Menschen nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit, der Solidarität und der Toleranz sowie der Gleichberechtigung der Geschlechter zu gestalten,
  • den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere die Idee einer gemeinsamen Zukunft der europäischen Völker, zu erfassen und zu unterstützen und mit Menschen anderer Nationen und Kulturkreise zusammenzuleben,
  • ökonomische und ökologische Zusammenhänge zu erfassen,
  • für die Erhaltung der Umwelt Verantwortung zu tragen und gesundheitsbewusst zu leben,
  • Konflikte vernunftgemäß zu lösen, aber auch Konflikte zu ertragen,
  • sich umfassend zu informieren und die Informationen kritisch zu nutzen,
  • ihre Wahrnehmungs- und Empfindungsmöglichkeiten sowie ihre Ausdrucksmöglichkeiten unter Einschluss der bedeutsamen jeweiligen regionalen Ausformung des Niederdeutschen oder des Friesischen zu entfalten,
  • sich im Berufsleben zu behaupten und das soziale Leben verantwortlich mitzugestalten.

Die Schule hat den Schülerinnen und Schülern die dafür erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln. Dabei sind die Bereitschaft und Fähigkeit zu fördern, für sich allein wie auch gemeinsam mit anderen zu lernen und Leistungen zu erzielen. Die Schülerinnen und Schüler sollen zunehmend selbständiger werden und lernen, ihre Fähigkeiten auch nach Beendigung der Schulzeit weiterzuentwickeln.

Reflexionsfrage: Inwiefern werden die im Schulgesetz gesicherten Rechte zur Vorbereitung auf ein verantwortungsbewusstes Leben in Ihrer Schule umgesetzt?

Kinderrechte im Rahmenlehrplan

Dieser Inhalt folgt in Kürze.

Quellenverzeichnis

Deutsches Institut für Menschenrechte (2021): Kinderrechte in den Verfassungen der Bundesländer 2021 – Landkarte Kinderrechte. Unter: https://landkarte-kinderrechte.de/kinderrechte-in-den-verfassungen-der-bundeslaender/

Kraft, Carina / Ornig, Nikola / Valtin, Anne / Dethlefsen, Lena (InterVal GmbH) (2022): Dokumentenanalyse. Vorgaben zur Verankerung von Kinderrechten und Demokratiebildung im Primarbereich. Schriftenreihe des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V. – Heft 11.

Das Niedersächsische Schulgesetz (NSchG) vom 3. März 1998. Stand April 2022. Unter: http://www.schure.de/2241001/nschg.htm

Vorgeschlagene Zitierweise

Simla, Maike / Jaiteh, Mariama (2023): Rechtliche und Programmatische Verpflichtungen. Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. In: Deutsches Kinderhilfswerk (Hrsg): Kinderrechte leben - in Schule und Hort! Online-Dossier. Unter: LINK (Zugriff am: TT.MM.JJJJ)

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