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Dieser Beitrag wurde von Maike Simla und Mariama Jaiteh verfasst. Maike Simla leitet das Projekt Kinderrechteschulen, Mariama Jaiteh ist als studentische Mitarbeiterin Teil des Projekts. Beide sind in der Abteilung Kinderrechte und Bildung des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V. tätig.

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Rechtliche und Programmatische Rahmenbedingungen zur Umsetzung von Kinderrechten

Auf dieser Seite finden Sie Rahmenbedingungen zur Umsetzung von Kinderrechten in Schule und Hort für das Bundesland Thüringen.

Kinderrechte im Landesgesetz

In der Landesverfassung von Thüringen findet die UN-Kinderrechtskonvention zwar keine explizite Erwähnung, allerdings sind einige Aspekte der Kinderrechte sinngemäß u.a. in Artikel 19 enthalten. (Stand 2021)

Artikel 19 Landesverfassung Thüringen
  1. Kinder und Jugendliche haben das Recht auf eine gesunde geistige, körperliche und psychische Entwicklung. Sie sind vor körperlicher und seelischer Vernachlässigung, Misshandlung, Missbrauch und Gewalt zu schützen. […]

Die Landesverfassung enthält außerdem weitere Schutz- und Förderrechte für Kinder. Eine genaue Analyse finden Sie auf der Landkarte Kinderrechte des Deutschen Instituts für Menschenrechte.

Kinderrechte im Schulgesetz

Im Schulgesetz des Landes Thüringen wird die UN-Kinderrechtskonvention ebenfalls nicht explizit erwähnt. Dennoch sind verschiedene Aspekte der Kinderrechte sinngemäß enthalten, u.a. zwei der Leitprinzipien der UN-KRK, Gleichheit und Beteiligung

Hinweis: Die nachfolgende Beschreibung des gesetzlichen Rahmens erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern fokussiert sich auf ausgewählte Aspekte der Kinderrechte (Diskriminierungsschutz, Beteiligung, Vorbereitung auf ein verantwortungsbewusstes Leben) im Schulgesetz. Sie beruht hauptsächlich auf einer Studie von InterVall aus dem Jahr 2021 (vgl. InterVall 2022). Die nachfolgende Beschreibung wird ggf. noch erweitert oder im Laufe der Zeit aktualisiert.

Recht auf Schutz vor Diskriminierung

Laut UN-Kinderrechtskonvention haben Kinder ein Recht darauf, gleichbehandelt zu werden und vor Diskriminierung geschützt zu sein (Artikel 2 UN-KRK).

Das Schulgesetz des Landes Thüringen sichert allen Schüler*innen das Recht auf eine diskriminierungsfreie schulische Bildung und Förderung zu (§ 1 Abs. 1 ThürSchulG). Im Gesetz ist explizit das Recht auf diskriminierungsfreie schulische Bildung und Förderung und einen diskriminierungsfreien Zugang zu den Schularten verankert ( § 1 Abs. 1 und 2). Schule soll außerdem ein Raum für den Ausgleich von Bildungsbenachteiligung sein und Mobbing und Gewalt aktiv entgegenwirken (§ 2 Abs.1). In § 25 ThürSchulG ist außerdem das Recht auf Beschwerde und eine Beschwerdestelle/Ombudsstelle verankert, was in Bezug auf Diskriminierungsschutz und Intervention relevant ist.

Die betreffenden Artikel im Wortlaut

§ 1 Recht auf schulische Bildung

(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf diskriminierungsfreie schulische Bildung und Förderung. Das Recht wird nach Maßgabe dieses Gesetzes gewährleistet.

(2) Für den Zugang zu den Schularten und den Bildungsgängen dürfen weder das Geschlecht, die Herkunft, die Sprache, die Behinderung, die religiöse oder politische Anschauung oder die sexuelle Orientierung des Schülers noch die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung seiner Eltern bestimmend sein.

§ 2 Gemeinsamer Auftrag für die Thüringer Schulen

(1) Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule in Thüringen leitet sich ab von den grundlegenden Werten, wie sie im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und in der Verfassung des Freistaats Thüringen niedergelegt sind. […] Sie [Schule] bietet Raum zur Entfaltung von Begabungen sowie für den Ausgleich von Bildungsbenachteiligungen. […] Die Schule wirkt Mobbing und Gewalt aktiv entgegen.

§ 25 Rechte des Schülers

Jeder Schüler hat das Recht, eine seiner Befähigung und Leistung entsprechende schulische Bildung und Förderung zu erhalten; außergewöhnliche Begabungen werden in besonderer Weise gefördert. [...] Jeder Schüler hat das Recht, sich mit Beschwerden oder persönlichen Problemen und bei als ungerecht empfundener Behandlung oder Beurteilung an den Lehrer, an den Vertrauenslehrer, an die Schülervertretung, an den Schulleiter und an die Schulkonferenz oder an die Ombudsstelle zu wenden. [...]

Reflexionsfrage: Inwiefern werden die im Schulgesetz gesicherten Rechte auf Schutz vor Diskriminierung in Ihrer Schule umgesetzt? Inwiefern gelten diese tatsächlich für alle Schüler*innen?

Recht auf Beteiligung

Kinder haben laut UN-Kinderrechtskonvention (Artikel 12) das Recht, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern. Die Meinung des Kindes muss angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife berücksichtigt werden.

Das Schulgesetz des Landes Thüringen garantiert Schüler*innen das Recht auf Beteiligung. In der Gestaltung des Erziehungs- und Schulwesens sollen auch Schüler*innen mitwirken (§ 2 Abs. 3 ThürSchulG).

Die Mitwirkungsmöglichkeiten von Schüler*innen werden in § 28 näher beschrieben: Schüler*innen sollen u.a. dem Alter und der Verantwortungsfähigkeit entsprechend am schulischen Leben durch Klassenrat und Schüler*innenvertretung mitwirken können, z.B. bei der Planung des Unterrichts sowie bei der Bearbeitung von Konflikten und Problematiken. Auch in § 25 werden Beteiligungsrechte von Schüler*innen formuliert: Alle Schüler*innen haben das Recht über alle sie zu betreffenden Angelegenheiten informiert zu werden, sie haben außerdem das Recht auf Beschwerde sowie ein Anhörungs- und Vorschlagsrecht gegenüber der Klassensprecherversammlung. In § 25 Abs. 2a ist explizit das Recht von Schüler*innen formuliert, sich in allen Fragen, die ihre Mitbestimmungsrechte betreffen, an die zentrale Ombudsstelle zu wenden.

Die betreffenden Artikel im Wortlaut

§ 2 Gemeinsamer Auftrag für die Thüringer Schulen

(3) Bei der Gestaltung des Erziehungs- und Schulwesens wirken das Land, die kommunalen Gebietskörperschaften und die freien Schulträger mit den Eltern, den Lehrern, den Erziehern, den Sonderpädagogischen Fachkräften, den Schülern, den Mitarbeitern von öffentlichen und freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe sowie weiteren Vertretern von Einrichtungen, die an der schulischen oder außerschulischen Bildung und Erziehung beteiligt sind, zusammen.

§ 25 Rechte des Schülers

[…] Der Schüler hat das Recht, in allen ihn betreffenden Angelegenheiten informiert zu werden sowie auf Auskunft über seinen Leistungsstand und die Möglichkeiten seiner Förderung. […] Jeder Schüler hat das Recht, sich mit Beschwerden oder persönlichen Problemen und bei als ungerecht empfundener Behandlung oder Beurteilung an den Lehrer, an den Vertrauenslehrer, an die Schülervertretung, an den Schulleiter und an die Schulkonferenz oder an die Ombudsstelle zu wenden. Jeder Schüler hat ein Anhörungs- und Vorschlagsrecht gegenüber der Klassensprecherversammlung. Über alle wichtigen Angelegenheiten des Schulbetriebs ist der Schüler zu unterrichten.

§ 28 Mitwirkung der Schüler

(1) Die Schüler wirken sowohl durch den Klassenrat als auch durch selbstgewählte Schülervertretungen entsprechend ihrem Alter und ihrer Verantwortungsfähigkeit am schulischen Leben mit. […] Aus begründetem Anlass, aber mindestens einmal im Schuljahr, kann die Schülervertretung der Schule eine Schülerversammlung einberufen; sie findet in Absprache mit dem Schulleiter während der Unterrichtszeit statt. Die Schüler werden bei den Wahlen der Schülervertretungen von den Lehrern, vom Schulleiter, vom Schulträger und von den Schulaufsichtsbehörden unterstützt. Die gewählten Schülervertretungen werden unmittelbar nach der Wahl von der Schule über ihre Aufgaben und Rechte informiert.

(1a) Zur Planung des Unterrichts sowie zur Erörterung von Problematiken und Konflikten in den Klassen, kann ein Klassenrat gebildet werden. Bestehend aus den Schülern der Klasse und dem Klassenlehrer, soll dieser monatlich zusammenfinden.

(2) Zu den Aufgaben der Schülermitwirkung gehören insbesondere die Wahrnehmung schulischer, gesellschaftspolitischer und sozialer Interessen der Schüler in der Schule und bei den Schulaufsichtsbehörden sowie die Unterstützung der Schüler bei der Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber dem Schulleiter und den Lehrern, insbesondere bei Ordnungsmaßnahmen und Beschwerden. Weitere Aufgaben sind die Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen, die Mithilfe bei der Lösung von Konfliktfällen sowie die Beteiligung an Entscheidungen und Maßnahmen der Schulaufsichtsbehörden nach Maßgabe der dazu ergangenen Rechtsverordnungen. […] Der Schülervertretung stehen neben Anhörungs-, Auskunfts- und Initiativrechten auch Antrags-, Mitbestimmungs- und Mitentscheidungsrechte zu. Der Schulleiter informiert die Schülervertretung der Schule zum frühestmöglichen Zeitpunkt über alle Angelegenheiten, die für die Schüler von allgemeiner Bedeutung sind sowie über einschlägige Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Zu Anregungen und Vorschlägen der Schülervertretung nimmt die zuständige Stelle innerhalb von vier Wochen Stellung, wobei im Falle der Ablehnung das Ergebnis zu begründen ist.

(2a) Schüler und Schülervertretungen haben das Recht, sich in allen Fragen, die ihre Mitbestimmungsrechte betreffen, an die zentrale Ombudsstelle zu wenden. Die Ombudsstelle ist unabhängig und nicht weisungsgebunden. Sie hat einen Informations- und Beratungsauftrag, nimmt Beschwerden entgegen, prüft die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen und vermittelt in Konfliktfällen.[…]

Reflexionsfrage: Inwiefern werden die im Schulgesetz gesicherten Rechte auf Beteiligung und Beschwerde in Ihrer Schule umgesetzt? Gibt es verbindliche Beteiligungsstrukturen, die Mitwirkung auch außerhalb der klassischen Gremien ermöglichen? Sind diese so ausgestaltet, dass sie für alle Schüler*innen zugänglich sind?

Recht auf die Vorbereitung auf ein verantwortungsbewusstes Leben

Kinder haben laut UN-Kinderrechtskonvention (Artikel 29) das Recht, auf ein verantwortungsbewusstes Leben in einer freien Gesellschaft vorbereitet zu werden.

Dieses Recht ist im Schulgesetz des Landes Thüringen insofern enthalten, als dass es ein zentraler Auftrag der Schule ist, die Grundlagen der Demokratie auf Basis des Grundgesetzes zu vermitteln (§ 2 Abs.1 ThürSchulG). Schulen sollen Schüler*innen zur Achtung vor dem menschlichen Leben, zur Verantwortung für die Gemeinschaft, zu einem gewaltfreien und friedlichen Zusammenleben weltweit und zu einem verantwortlichen Umgang mit der Umwelt und der Natur befähigen. Es sollen noch weitere Facetten für ein verantwortungsbewussten Leben gefördert werden, zum Beispiel die Befähigung zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zur Mitgestaltung der freiheitlich demokratischen Grundordnung, die Gestaltung von Beziehungen auf den Grundsätzen der Gerechtigkeit, der Solidarität und der Akzeptanz sowie die Ausbildung zu eigenverantwortlichem Handeln.

Die betreffenden Artikel im Wortlaut

§ 2 Gemeinsamer Auftrag für die Thüringer Schulen

(1) Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule in Thüringen leitet sich ab von den grundlegenden Werten, wie sie im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und in der Verfassung des Freistaats Thüringen niedergelegt sind. Die Schule erzieht zur Achtung vor dem menschlichen Leben, zur Verantwortung für die Gemeinschaft, zu einem gewaltfreien und friedlichen Zusammenleben weltweit und zu einem verantwortlichen Umgang mit der Umwelt und der Natur. Sie pflegt die Verbundenheit mit der Heimat in Thüringen und in Deutschland, fördert die Offenheit gegenüber Europa und weckt das Verantwortungsgefühl für alle Menschen in der Welt. Wesentliche Ziele der Schule sind die Vermittlung von Wissen und Kenntnissen, die Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Vorbereitung auf das Berufsleben, die Befähigung zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zur Mitgestaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie zum bewussten, selbst bestimmten und kritischen Umgang mit Medien, die Erziehung zur Aufgeschlossenheit für Kultur und Wissenschaft sowie die Achtung vor den religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen anderer. Die Schüler lernen, ihre Beziehungen zu anderen Menschen nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit, der Solidarität und der Akzeptanz sowie der Gleichberechtigung der Geschlechter und der verschiedenen Lebensweisen zu gestalten. Dabei werden die Schüler darauf vorbereitet, Aufgaben in Familie, Gesellschaft und Staat zu übernehmen und dazu angehalten, sich im Geiste des Humanismus und der christlichen Nächstenliebe für die Mitmenschen einzusetzen. Die Schule fördert den Entwicklungsprozess der Schüler zur Ausbildung ihrer Individualität, zu Selbstvertrauen und eigenverantwortlichem Handeln. Sie bietet Raum zur Entfaltung von Begabungen sowie für den Ausgleich von Bildungsbenachteiligungen. Die natürlichen Rechte der Eltern und die ihnen obliegenden Pflichten zur Erziehung ihrer Kinder bleiben davon unberührt. Die Schule wirkt Mobbing und Gewalt aktiv entgegen.

Reflexionsfrage: Inwiefern werden die im Schulgesetz gesicherten Rechte zur Vorbereitung auf ein verantwortungsbewusstes Leben in Ihrer Schule umgesetzt?

Kinderrechte im Rahmenlehrplan/Bildungsplan

Dieser Inhalt folgt in Kürze.

Quellenverzeichnis

Deutsches Institut für Menschenrechte (2021): Kinderrechte in den Verfassungen der Bundesländer 2021 – Landkarte Kinderrechte. Unter: https://landkarte-kinderrechte.de/kinderrechte-in-den-verfassungen-der-bundeslaender/

Kraft, Carina / Ornig, Nikola / Valtin, Anne / Dethlefsen, Lena (InterVal GmbH) (2022): Dokumentenanalyse. Vorgaben zur Verankerung von Kinderrechten und Demokratiebildung im Primarbereich. Schriftenreihe des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V. – Heft 11.

Das Schulgesetz für das Land Thüringen (ThürSchulG) vom 30. April 2003. Unter: https://landesrecht.thueringen.de/perma?d=jlr-SchulGTH2003rahmen letzter Zugriff Mai 2023.

Vorgeschlagene Zitierweise

Simla, Maike / Jaiteh, Mariama (2023): Rechtliche und Programmatische Verpflichtungen. Bundesland Thüringen. In: Deutsches Kinderhilfswerk (Hrsg): Kinderrechte leben - in Schule und Hort! Online-Dossier. Unter: LINK (Zugriff am: TT.MM.JJJJ)

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