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„Elli?“, ich tastete mich weiter an der Wand entlang. Warum zum Kuckuck musste es im Weinkeller auch so dunkel sein? Na ja, wahrscheinlich weil hier unten vermutlich seit zehn Jahren niemand mehr gewesen war und das moderne Zeitalter hier noch keinen Einzug gehalten hat. Hier gab es keine Lampen. Stattdessen steckten altmodische Fackelhälter an den Wänden, die aussahen, als kämen sie aus dem Mittelalter und wären vom Burgherren persönlich hier befestigt worden.
Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Ich schrie auf. „Reg dich ab, ich bin‘s doch nur.“, hörte ich Elli hinter mir sagen. Nachdem ich es geschafft hatte, mein Herz, das mir vor Schreck in die Hose gerutscht war, wieder an seinen angestammten Platz in meiner Brust zu bekommen, fragte ich: „Elli, wo warst du? Ich habe dich überall gesucht!“ „Deine Zwillingsschwester ist wachsamer als jeder Wachhund.“, war ihre eintönige Antwort. Meine Zwillingsschwester. Ein Thema, über das ich eigentlich nicht nachdenken wollte. Aber in meinem Kopf schwirrten tausende von kleinen Ausschnitten verschiedener Augenblicke, die sich in den elf Jahren, seit dem es mich gab, zugetragen hatten und warteten darauf, geordnet zu werden. Also tat ich es doch.
Mein Leben hatte, so wie bei allen anderen Menschen höchstwahrscheinlich auch, bei meiner Geburt begonnen. Leider war es nicht nur meine Geburt gewesen, sondern auch die meiner Schwester: Clara. In den ersten Jahren waren wir ganz normal aufgewachsen wie alle anderen Kinder auch (Falls man das Leben zweier Prinzessinnen überhaupt als normal bezeichnen kann). Wir waren unzertrennlich und nichts und niemand hätte uns auseinander bringen können, wenn nicht Clair gewesen wäre. Clair war damals unser Kindermädchen, obwohl, kann man eine Erwachsene überhaupt als Mädchen bezeichnen? Egal, drüber könnte ich mir später Gedanken machen. Jetzt ging es um etwas anderes. Jedenfalls fand Clair, das die eine viel zu sehr an der anderen hänge und umgekehrt. Also hielt sie uns, ohne lange darüber nachzudenken, auseinander. Ich fand, das man die Situation eigentlich ganz gut mit einer Einkaufstüte vergleichen konnte. Stell dir vor, du nähst dir aus zwei Stücken Stoff eine Einkaufstüte und reißt sie dann wieder auseinander. Das dürfte die Situation in etwa beschreiben. Na ja, jedenfalls entwickelten Clara und ich und nach dieser Trennung immer mehr auseinander, bis wir schließlich keine Gemeinsamkeiten mehr hatten (Außer unseren Honigblonden Haaren und den Sommersprossen auf der Stupsnase, versteht sich).
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