Eure Geschichten

Die Ma­gie des Zeich­nens - Teil 1

Regenbogenfarben im Unterricht

Eine weitere, ruckelige Linie formte den Schnabel eines Schwans, die Flügel weit ausgebreitet, mit einem stolzen Blick und pompösem Gefieder. Unter ihm spritzendes Wasser, über ihm bauschige Wolken. Fische sahen auf und sprangen verängstigt zur Seite. Ihre Schuppen glitzerten in allen Farben des Regenbogens. 

Regenbogen... einige weitere Linien flossen in den eisblauen Himmel ein, verbanden sich harmonisch mit Bergen und Bäumen...

„Margret Schuhmacher!"

Maggie fuhr zusammen. Eine krakelige Linie zerstörte das harmonische Abbild des Schwans und das Buch rutschte aus ihrem Schoß und blieb aufgeschlagen auf dem Boden liegen. Das Rufen Maggies schrecklichen Namens hatte sie schlagartig zurück in die Realität geholt. Mit hochrotem Kopf klaubte sie das Buch vom Boden. Auf der aufgeschlagenen Seite erblickte Maggie den Schwan erneut, nur dass er hier bunt und nicht so flüchtig aufgemalt war. 

„Wird's bald?"

Einige kicherten leise, doch Frau Schiller wies sie nicht zurecht. Nicht, wenn sie einmal richtig in Fahrt war. Maggie starrte die Tafel an. Ausgerechnet heute hatte sie ihre Brille vergessen. Mit zusammengekniffenen Augen starrte sie die Tafel an und entzifferte die wenigen Worte. 

Ubi victor est?

„Victor isst die U-Bahn?"

Maggie wusste, dass diese Antwort falsch war, doch etwas Besseres fiel ihr nicht ein. Wieder einmal hatten Farben und Formen alles aus Maggies Kopf gewischt. 

Sie sah betreten zu Frau Schiller, in der Erwartung, gleich gefährlich leise oder erschreckend laut ihre Stimme zu hören, doch stattdessen sagte sie nur: „Nach der Stunde hierbleiben."

Na toll.

Dieser Tag konnte nicht mehr schlimmer werden. 

Maggie wollte etwas erwidern, doch Frau Schiller wandte sich schon wieder der Tafel zu und schrieb die richtige Bedeutung der lateinischen Worte nieder.

Wie in Zeitlupe vergingen die restlichen zehn Minuten des Unterrichts, bis schließlich der erlösende Gong ertönte und die Stille zerbrach. Für alle anderen war dies eine Erleichterung, doch für Maggie hieß es heute bloß, dass sie sich jetzt auf den schlimmsten Teil gefasst machen konnte.

Langsam, ganz langsam, stolperte sie nach vorne zu Frau Schiller, während alle anderen sorgenfrei ihre Sachen zusammenpackten.

Fortsetzung folgt...

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Eure Kommentare

Wow! Tolle Geschichte! Bitte schreibe weiter! 

Voll toll. Ich finde ,,die Magie des zeichnens“ ein super cooles Buch 😉😃...

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Du schreibst soooo tolle Geschichten mach weiter soo....

Cool 

Cool! Mach weiter so

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