Eure Geschichten

Ly­nos Ge­heim­nis­se (mei­ne Ge­schich­te für die Chal­len­ge von Sil­ber­sturm)

Das ist Lyno

Westlich der großen Berge liegt Lyna. Ein riesiges Land voller Magie und Gegensätze. Meine Geschichte beginnt in Lyno, Lynos Hauptstadt. Lyno lässt sich leicht beschreiben: Laut, voll und wunderschön. Anstatt Straßen gibt es Kanäle, die sich durch die ganze Stadt ziehen. Unsere Häuser sind bunt, die Gärten sind bunt, voller Seerosen und in den flacheren Gebieten wachsen dort auch Lilien sowie Schilf. Auf den Straßen gibt es immer was zu sehen, der Trubel ist wunderbar. Kurzgesagt, für jeden, der die Zauberkraft des Wassers besitzt, ist Lyno wunderbar. Dann gibt es aber auch noch die dunkle Seite von Lyno. Denn hier leben nicht nur Wassermagier und Wassermagierinnen, sondern auch die Menschen, die als Zauberkraft Feuer besitzen. Für sie ist Lyno keineswegs glanzvoll. Wenn deine Magie Feuer ist, kannst du nicht auf Wasser laufen. Du musst die morschen Stege an der Seite benutzen. Sie sind schmal und alt und Bretter fehlen. Das Wasser von Lynos Kanälen ist tief. Wer nicht schwimmen kann, hat dort keine Chance. Aber es gäbe auch niemanden, der dir zu Hilfe kommen würde, wenn du das Feuer beherrschen kannst. Denn die Menschen des Feuers werden in unserer Kultur schon lange verachtet. Ich weiß nicht warum. Punkt ist, das Feuer hier verboten ist, außer in den Schmieden, dort werden alle Metallgegenstände angefertigt. Die Schmieden sind kein Ort, an dem man freiwillig arbeitet. Die Arbeit dort ist hart und man kriegt nur einen sehr, sehr geringen Lohn. Aber Feuermagier werden nirgendwo anders genommen. Von keinem. Und deshalb werde ich euch jetzt die Geschichte von Tyni erzählen.

Ärger mit Mike und Co.

Alles fing mit einem Tag im Juni an. Ich war auf dem Weg nach Hause. Es war ziemlich spät geworden und die ersten zwielichtigen Gestalten (von denen es hier wirklich eine Menge gibt) trieben sich hier rum. Ich steigerte mein Tempo bei dem Gedanken an eine ganze Gruppe von ihnen. Ich hatte mich vor ein paar Tagen mit ihnen angelegt. Keine gute Idee. Leider war das Glück nicht auf meiner Seite. Schon zwei Straßen weiter hörte ich die vertrauten Stimmen von Corner Lee, Mike Travis und Sammy Stone. Die drei waren zwar nur ein Jahr älter als ich, aber mindestens einen Kopf größer. Das lag nicht daran, dass ich für eine Elftklässlerin zu klein war, sondern nur daran, dass sie aussahen, als seien sie mit Riesen verwandt. Ich wollte schnell weiter gehen, aber sie hatten mich schon entdeckt. Corners Augen wurden mindestens melonengroß, als er mich sah. „He,“, sagte er „da ist ja die Kleine, die den Lehrer geholt hat, als Mike gestern diesen Fünftklässler zusammengefaltet hat!“ Sammy grinste blöd. „Jetzt werden wir jedenfalls sie zusammenfalten!“ So weit kommt es noch, dachte ich mir bloß, dann sprintete ich los. Ich weiß nicht, was ich gehofft hatte. Vielleicht, dass sie vor Überraschung blöde stehen bleiben würden, oder dass ich sie in drei Sekunden abgehängt hätte. Leider passierte keins von beidem. Die Drei reagierten dermaßen schnell, dass ich gerade mal zwei Straßen weiter war, als sie mich vor einem alten, arg verfallenen Haus einkesselten. „Du dachtest wohl, du könntest uns entkommen!“, frohlockte Mike „Aber keine Sorge, die Schulden, dass ich wegen dir von der Schule geflogen bin, begleiche ich trotzdem!“ Er ballte die Hand zu einer Faust und holte zum Schlag aus. Mike hätte mir direkt eins auf die Nase gegeben, wenn sich nicht in diesem Moment die verwitterte Holztür geöffnet  und mich jemand blitzschnell ins Innere des Hauses gezogen hätte. Ziemlich verblüfft hörte ich das hässliche „Kracks“ und Mike wütendes Schmerzensgeheul.

Unerwartete Hilfe

Sammy versuchte jetzt ins Innere des Hauses zukommen, um mich und die Person, die mich gerettet hatte, fertig zu machen, aber die besagte Person stieß vor und sengte ihm die Haare ab. Wie, wusste ich in dem Moment nicht. Fakt ist, dass sie plötzlich weg waren und die verkohlten Überreste rauchten. Daraufhin machte die Truppe, dass sie wegkamen. Fassungslos drehte ich mich um. Zuerst nahm ich in dem schummrigen Licht bloß den Gestank von verfaultem Holz wahr, aber als sich meine Augen schließlich gänzlich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich ein Mädchen in ungefähr meinem Alter ausmachen. Sie hatte dreckige, ihr viel zu kleine Klamotten an und sah irgendwie zu dünn aus.  „Danke!“, sagte ich. Sie sah mich überrascht an: „Du bist mir nicht böse?“ „Nein, wieso?“, fragte ich verwundert. „Na, weil meine Magie das Feuer ist.“ Fast hätte ich „ups“ gesagt. Aber ich fing mich und sagte stattdessen nur „achso“.  Mit war etwas unbehaglich zumute, deswegen verabschiedete ich mich und verschwand.

Besuch bei Thalie

Vielleicht hört sich das jetzt so an, als wäre das meine letzte Begegnung mit dem Mädchen gewesen. So war es aber nicht. Die nächsten Tage musste ich immer wieder an sie denken und vor allem an ihre Hütte. Ich fragte mich, wie oft sie eine anständige Mahlzeit bekäme. Eines Abend hielt ich es dann nicht mehr länger aus. Ich schnappte mir meinen Rucksack, sammelte eine Decke, etwas zu essen und mein Lieblingsbuch ein. Dann lief ich durch Lynos Straßen bis zu dem verfallen Haus, in dem das Mädchen wohnte. Ich klopfte an, denn eine Klingel oder dergleichen gab es nicht. Es dauerte eine Weile, aber dann hörte ich Schritte. Das Mädchen öffnete. Als sie mich sah, schaute sie mich misstrauisch an. „Was willst du?“, fragte sie. „Ich wollte mich eigentlich nur nochmal bedanken, dass du mich gerettet hast.“ Sie sah mich immer noch misstrauisch an. Ich konnte es ihr nicht vergelten. Seitdem war eine Woche vergangen. „Darf ich reinkommen?“, fragte ich. Wortlos machte sie mir den Weg frei. Ich trat ein. Bei Tageslicht kam mir das Ganze noch schäbiger vor. Erst jetzt vielen mir zum Beispiel die vielen Löcher in der Wand und der Decke auf. Ich bemühte mich, das Ganze zu ignorieren. Ich wollte sie möglichst wie ganz normal behandeln. Eine Weile standen wir uns stumm gegenüber, keiner wusste, was er jetzt sagen sollte. Irgendwann kam ich auf die Idee, das Essen auszupacken. „Ich habe heute noch nichts gegessen, ich hoffe es ist okay, wenn ich das jetzt mache. Du kannst gerne mitessen.“ Keine Reaktion. Bei dem Verhältnis zwischen den Wasser- und den Feuermagiern hielt sie das Ganze wahrscheinlich für einen doofen Scherz. Ich machte trotzdem weiter, packte die Decke aus und breitete sie auf dem Boden aus, denn einen Tisch gab es nicht. Dann holte ich das Essen aus meiner Tasche und begann es scheinbar genau gleich aufzuteilen. In Wirklichkeit achtete ich jedoch darauf, dass das Mädchen immer etwas mehr bekam als ich. Zögernd setzte sie sich zu mir. Ich begann zu essen. Nach einer Weile schien ihr Hunger zu siegen und sie tat es mir gleich. Während des Essens tauten wir beide allmählich auf. Wir sprachen über die wenigen Dinge in unserem Leben, die für uns beide gleich waren. Es lief nicht nur richtig gut, sondern machte auch Spaß. Irgendwann musste ich gehen. Ich ließ ihr die restlichen Sachen da. Sie konnte sie besser brauchen als ich. Ich stand schließlich schon auf der Straße, als mir etwas einfiel. „Wie heißt du eigentlich?“, fragte ich sie. „Thalia,“, meinte sie, „aber wenn du willst, kannst du mich einfach Thalie nennen. Und wie heißt du? Dein Namen weiß ich auch noch nicht.“ „Louisa. Aber nenn mich Lou.“ Sie nickte. Ich verabschiedete mich und ging. Dieser Nachmittag hatte mir nicht nur eine neue Freundin geschenkt, sondern auch viel Stoff zum Nachdenken: Wieso um alles in der Welt behandelten wir diese Leute so schlecht. Ich meine, nur weil sie anders waren? Das ist doch kein Grund!

Eine neue Freundin

In den nächsten Monaten besuchte ich Thalie jede Woche einmal. Ich brachte ihr Essen mit und wir quatschten. Nebenbei flickten wir die Löcher in der Wand. Nach und nach sah es immer wohnlicher in dem Haus aus. Doch all das musste heimlich geschehen. Wenn die Leute gemerkt hätten, dass ich mich bei Thalie aufhielt, würde ich nicht nur grundlos von der Schule geworfen werden, sondern könnte auch nirgendwo mehr hingehen, ohne angepöbelt zu werden. Von Thalie erfuhr ich, dass ihre Mutter in den Schmieden arbeiten musste. Der Lohn war so gering, dass sie nur selten nach Hause kam, aber immerhin reichte er, um sie über die Runden zu bringen. Doch all das sollte sich eines Tages ändern. Und davon will ich euch jetzt erzählen.

Im nächsten Teil geht's weiter!

Deine Meinung

  • Ist super
    177
  • Ist lustig
    194
  • Ist okay
    173
  • Lässt mich staunen
    216
  • Macht mich traurig
    187
  • Macht mich wütend
    169

Eure Kommentare

OMG so  viel geschrieben coole Geschichte

LG  UNICORN

Super 🥳🥳🥳🥳

Profilbild von Gast Profilbild von Gast

Super cool! Schreib weiter! Liebe Grüße Ida 🐺