Eure Geschichten

VI­TAE-Die Hü­ter der Ma­gie/Aus­schnitt Fi­nal­kampf

Finalkampf

Der Pfeil blieb knapp neben ihrem Ohr in einem Baumstamm stecken.

„Aylin, lauf!“, Jake klang nun fast flehentlich. Aylin hatte aber nicht im Geringsten vor, jetzt aufzugeben. Mit einer schnellen Drehung wich sie einem weiteren Pfeil aus, der ihr Schutzschild durchbrochen hatte. Verbissen versuchte sie eine weitere Flamme ihrer Hand entspringen zu lassen. Kalte Schweißtropfen standen ihr auf der Stirn.

Die züngelten als gefährlich heiße Barriere vor ihr weiter.

„Aylin, gib auf, wir haben verloren! Ich weiß, dass dir das bewusst ist!“

Aylin schüttelte jedoch nur den Kopf. Am liebsten hätte sie eine bissige Bemerkung über seine Kräfte gemacht, aber dann würde sie scheitern. Sie konnte jetzt nicht aufgeben. Sie durfte jetzt nicht aufgeben. Schon gar nicht, wenn Jake es wollte.

Noch angestrengter konzentrierte sie sich auf ihren Magiefluss, der nun durch ihre stählerne Entschlossenheit verstärkt wurde. Sie legte ein letztes Mal all ihre Willenskraft in ihren Zauber, und der letzte Rest ihrer Magie entfaltete sich in Form von Flammen. Als tödlicher Sturm wehten sie den Sineri entgegen.

Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Dann wurde alles dunkel.

Leise hörte sie noch Jake schreien, aber sie achtete nicht darauf.

 

Die Welt schien wie ein Film um sie herum abzulaufen, nur sie hatte keine Rolle mehr darin. Das schmerzhafte Ziehen in Liz Rücken, hatte sich während des Kampfes stark gesteigert. Doch das war ihr egal. Es war alles egal, sie hatten verloren. Es war vorbei.

Durch einen jähen Schrei wurde sie wieder ins Hier und Jetzt gerissen.  Er kam von Jake, und galt Aylin.

Wie ein reißender Fluss stürzten die ganzen restlichen Geräusche des Kampfes auf sie ein, die sie zuvor ausblenden konnte. Schreie, das Klingen von aufeinandertreffenden Schwertern und das Knistern der Flammen, die ihre Fußknöchel liebkosten.

Ein weiterer Schrei gellte über das Schlachtfeld, mehrere Sineri gingen mit einem heiseren Keuchen zu Boden.

Blitzschnell wirbelte Liz herum. Ihr war übel. So viel Tod und Leid war sie nicht gewohnt. Sie wollte doch nur ihr altes Leben zurück. Stattdessen sah sie nur eine Flamme, die vor ihr zitternd auf dem Boden tanzte.  Es brauchte nur diesen kleinen Windstoß, und schon schien die Welt aus Flammen zu bestehen.

Sie ließ ihren Blick suchend über den Kampf gleiten. Sie brauchte Hilfe. Dringend. Und da kam im Moment nur eine Person in Frage, doch diese fehlte. Aylin war nicht mehr zu sehen.

 Panik stieg in ihr auf. Wo konnte sie nur sein? Immer mehr Menschen gingen zu Boden, darunter erschreckend viele Vitae. Lizenia wollte Aylin nicht unter ihnen sehen. Sie wollte nicht, dass jemand der ihr nahestand, hier unterging. Nicht so. Doch Aylin lag nicht am Boden. Ein Sineri hatte sie, sie hing schlaff über seiner Schulter.

„Raja, Jake, sie haben Aylin!“, schrie Liz verzweifelt. Jemand musste Aylin retten. Jake sah auf, er hatte gerade einen bleichen Sineri ins Visier genommen. Er würde zu spät kommen, das wusste Liz. Raja saß immer noch fluchend am Waldrand und werkelte mit ihren Mixturen herum, mehrere verseuchte, übelaussehende Opfer ihrer giftigen Gase lagen schon um sie herum verstreut auf dem Boden.

Lizenia ballte ihre Hände zu Fäusten. Sie war die Einzige, die Aylin retten konnte. Sie würde für sie, wenn nötig, ihr Leben geben.

Mit felsenfester Entschlossenheit rannte sie los, ignorierte das schmerzhafte Ziehen in ihrem Rücken.  Der Sineri rannte schnell, geradewegs auf die Klippe zu. Lizenia holte auf, holte alles aus ihr heraus. In diesem Moment war sie Cassian dankbar für sein quälendes Ausdauertraining.

Der Sineri nahm Aylins schlaffen Körper mit einem grausamen Lachen von der Schulter. Er drehte sich zu Lizenia um, sah ihr in die Augen.

„Sag deiner kleinen Freundin Lebewohl!“, mit diesen Worten warf er sie von der Klippe.

„Neeeeeeeeeeeeein!“, Jakes verzweifelte Schreie waren über das ganze Schlachtfeld hören.

Er rannte auf die Klippe zu, aber mit Sicherheit zu langsam. Aylin war verloren. Nein. Nein!

ich hole sie zurück, ich bin nicht umsonst ein Fledermensch.“

„Du hast aber noch keine Flügel“, Rajas Worte gingen im Kampflärm unter. Auch sie war losgesputet, doch Liz hörte sie nicht mehr. Sie war schon gesprungen.

Wie ein Pfeil zischte die Luft an ihr vorbei. Sie würde sterben. Mit Aylin. Sie würden beide sterben. Kraftlos schloss Lizenia die Augen. Es war aber eine schöne Art zu sterben, fand sie. Sie flog, was doch genau das war was sie immer wollte. Noch einmal nahm wie alles genau war was sie spürte. Die eisige Luft, die direkt in ihr Gesicht schnitt, das Flattern ihrer Kleider an ihrem Körper. Die Zeit schien in Zeitlupe zu verlaufen, und doch rasend schnell zu verziehen. Sie würde jeden Moment aufkommen, jeden Moment war sie tot…

Plötzlich fühlte sich ihr Rücken an als würde er explodieren. Ihr ganzer Körper schien zu brennen, als würde heiße, beißende Flammen von ihrem Rücken aus durch ihren Körper fließen. Durch jede Ader, durch jede Zelle fraß sich der Schmerz.

Die Verwandlung kam Liz vor, wie Stunden, obwohl sie nur ein paar Sekunden gedauert haben mussten.

Dann breitete sie ihre langersehnten Flügel aus.

Sie waren ein neues Gewicht, dass jedoch gleichzeitig tragend war. Sie hatte sich Flügel immer wie ein Fluggerät vorgestellt, ein einfaches Teil, welches einfach zu ihrem Rücken hinzugefügt wurde. Doch in Wirklichkeit war es anders. Die Flügel lebten, sie waren ein Teil von ihr. Es fühlte sich an als wären die Flügel das Zentrum ihres Körpers, der Seelenträger von ihr. Das Gefühl war erfüllend, voller Leben. Sie konnte ihre Magie wie Blut durch die Flügel pulsieren fühlen.

Vorsichtig hob sie ihre Flügel noch ein Stück höher an, sie konnte sie einfach bewegen, wie ihre Finger. Als wären Nervenbahnen mit ihnen aus ihrem Rücken geschossen, die sie mit ihrem Gehirn verband. Der Wind griff nach ihren Flügeln und unterbrach ihren Sturz. Sie wurde aus dem Fall herausgerissen, fühlte sich schwerelos, vollkommen in Magie gehüllt. Das erste Mal fühlte sich das was sie tat, genau richtig an. Sie war Wind, schwerelos, wie in Wasser. Und so frei wie Feuer. So wild wie Feuer. Sie war Feuer.

Tollkühn schoss voran. Der wind peitschte durch ihre, jetzt nicht mehr orangen, sondern brennenden Haare, und malte ihr ein Lächeln aufs Gesicht. Das war ihre Bestimmung.

 Das Geräusch von schluckendem Wasser riss sie aus ihrem Rausch. Aylin war im Wasser verschwunden, man konnte noch ihre lockigen Haare an der Wasseroberfläche treiben sehen. Dann verschluckte das Wasser auch Lizenia.

 

Als Aylin die Augen öffnete sah sie einen verschwommenen Blitz auf sich zu schießen, der vollkommen aus Feuer zu bestehen schien. Feuer, das über einer Wand, getrennt von ihr, zu sein schien.  Erschrocken erkannte sie, dass es Liz war die auf sie zugeschossen kam. Aber nicht die alte verrückte Liz, sondern die Tochter eines Fledermenschen und eines Feuermagiers. Lizenia, die Erbin des Phönix.

Sie schnappte nach Luft. Doch sie schluckte nur Wasser. Kraftlos versuchte sie nach oben zu paddeln. Raus aus dem Wasser, an die Luft, zu Liz, die noch über ihr schwebte.

 Doch sie war wie gelähmt. Erinnerungen an das Internat von Geier übermannten sie. Lizenia durfte nicht wie Aurora sterben. Sie durfte sie nicht retten, sich nicht ihretwegen ins Wasser stürzen. Spiel jetzt nicht die Heldin. Hörte sie Jake in ihrer Erinnerung sagen. Aber sie wollte eine Heldin sein. Einmal in ihre Leben. Sie wollte einmal das sein, was sie wollte, obwohl sie angst hatte. Doch das Wasser nahm ihr die Angst. Es benebelte sie. Sie fühlte, dass es keinen Sinn mehr hatte. Sie würde sterben, aber der Gedanke war seltsam beruhigend.

Aylin wehrte sich nicht mehr. Sie ließ sich sinken. Liz musste aufgeben. Sie durfte nicht wegen ihr sterben. Niemand durfte das. Ohne sie waren alle besser dran. Der tröstliche Gedanken, das alle erleichtert wären, nicht mehr ihr Leben für sie geben zu müssen, lies Aylin seltsam ruhig werden. Sie überließ sich freiwillig den dunklen Armen des Meeres, nahm dankbar die Dunkelheit um sich an.

 

Lizenia keuchte. Ihre Flügel erschlafften sobald sie mit dem Wasser in Berührung kamen. Sie waren schwer und nicht bewegbar, wie ausgelöscht, und zogen sie in die Tiefe.

Angestrengt ruderte sie mit den Armen. Sie durfte sich nicht aufhalten lassen, fast hatte sie es geschafft, hier jetzt aufzugeben, wäre dumm. Dumm und unvernünftig. Sie nahm noch einmal all ihre Kraft zusammen und tauchte auf Aylin zu.

Schon war sie bei ihr angekommen und nahm sie in ihre Arme. Aylin hing beunruhigend schlaff in ihren Armen. Panisch strampelte Lizenia nach oben, immer auf das Licht zu. Ihre Flügel zogen sie nach unten und Aylin behinderte ihre Arme, sie kam viel zu langsam aufwärts. Zitternd spannte sie ein allerletztes Mal die Muskeln an und brach schließlich durch die Wasseroberfläche.

Panik überkam sie als ihre Flügel nicht sofort wieder aufflammten. Waren sie zerstört? Erlischt?

Versuchsweise schüttelte sie ihre Schwingen, um sie vom Wasser zu befreien. Die Kraft verließ langsam ihre Beine, und sie hatte Problem ihre Flügel komplett über die Wasseroberfläche zu halten.

Langsam flammte wieder Hitze durch ihre Adern, doch es war nicht mehr schmerhaft, wie zuvor, sondern wohlig und angenehm.

Gerade als sie aufgeben wollte, sich ihrer Erschöpfung hingeben wollte, flammten sie wieder auf. Sofort bewegte sie sie, gab sie dem Wind über. Er nahm sie auf, trug sie, bis zur Klippe.

 Mit Aylin in den Armen flog Liz hinauf in den Himmel, anmutig wie ein Adler. Oder eher ein Phönix.

 

Lizenia setzte Aylin auf der Klippe ab, wo diese schwach liegen blieb, während sie Salzwasser erbrach. Jake rannte sofort zu ihr und kniete sich schützend neben sie.

Liz versicherte sich, dass es ihr halbwegs gut ging, und wirbelte sie weiter hinauf in die Luft, wobei sie die Flammen, die auf dem Schlachtfeld loderten, in sich aufzunehmen schien, wie ein Magnet zog sie sie an. Plötzlich spreizte sie die Schwingen. Sie sah wunderschön aus, wie der Phönix, der sie war.

Alles an ihr brannte von den Haaren, über die Flügel, bis hin zu den Füßen. Lizenia hatte auch nicht mehr ihre ursprünglichen Kleider an, sondern ein Gewand aus Feuer und Glut, die wie heiße Lava an ihr herabfloss. Sie sah aus wie eine Göttin, eine Heldin, mit ihren kristallklaren Schwingen, die aus lauter Glasscherben zu bestehen schienen, in denen Flammen züngelten. Sie sah gefährlich und zugleich anmutig aus- wunderbar.

Die Magi schauten hoffnungsvoll zu ihr auf während die Sineri blanke Entsetzte überkam. Manche nahmen reiß aus, andere schlossen sich zu zitternden Gruppen zusammen und richteten ihre Waffen abwechselnd zwischen Lizenia, und den Magi hin und her, die jetzt hoffnungsvoll ihre Klingen zogen und sich mit neuer Energie in den Kampf warfen, der durch Liz unterbrochen worden war.

Lizenia wand ihr brennendes Haupt der Anführerin der Sineri zu: „Genug Blut wurde vergossen, genug Klingen gekreuzt. Verschwindet von hier und kommt nie wieder!“

Die verbliebenen Schwarzen zuckten bei den Worten zusammen und wollten schon ihren Kumpanen folgen und die Flucht ergreifen, doch (Name der Anführerin) hielt sie zurück.

 „Was sei ihr für Angsthasen“, schrie sie, außer sich vor Wut, “ihr nennt euch das Volk des Großen? Dann seid es gefälligst auch!“

Die angstverzerrten Gesichter der Schwarzen wichen wieder in blanken Hass und sie stürzten sich mit blitzenden klingen zurück in den Kampf.

Lizenia rauschte wieder auf die Anführerin zu. 

Sie starrten sich an, dann schleuderte Lizenia ihr eine Feuerbrunst entgegen. Doch die Anführerin streckte nur unbeeindruckt eine Hand aus und teilte sie mit einer raschen Bewegung. Der Flammensturm steckte den Wald hinter ihr in Brand, aber die Anführerin ließ sich davon nicht ablenken und formte mit den Händen Kugeln aus Blitzen und schleuderte sie Lizenia entgegen, die nur schwer ausweichen konnte.

Plötzlich, als es so aussah, als wäre es gleich um sie geschehen, versiegte der Sturm von Kugeln. Verwundert schaute sie zur Anführerin. Diese schwankte und griff sich an die Brust, dann klappte sie zusammen.

Hinter ihr stand Sammy mit einem verwegenen Lächeln auf den Lippen.

„Das war für Aurora.“, flüsterte er. Dann taumelte er und fiel um.

 

Neues Kapitel

Vom Rückweg bekam Aylin kaum etwas mit. Deshalb bot sich auch in ihrem Zimmer - wo sie, Jake, Raja, Liz, Felix und Sammy (er hatte unbedingt dabei sein gewollt) sich versammelt hatten – die Gelegenheit  Liz´s neues Aussehen genauer zu betrachten.

Wegen ihrer großen Flügel hatte sich das Zimmer ausgedehnt, damit auch sie bequem Platz hatte.

Liz Haare schienen aus einem Lavafluss zu bestehen. Ihre früher mandelbraunen Augen waren nun von einem starken Goldton. Ihr Blick war durchdringender, und Aylin staunte jedes Mal etwas mehr, wenn sie ihm begegnete.

Doch das auffälligste an Liz waren ihre großen Flügel. Sie waren geschuppt wie die eines Drachen und jede Schuppe schien aus Glas zu bestehen, in dem eine Flamme züngelte.

Nun würde Liz nie wieder das verrückte Mädchen mit den orangen Haaren sein. Nun war sie die Erbin des Phönix. Aylin war fast etwas wehmütig. Wären jetzt die witzigen Stunden, in denen sie mit Lizenia rumgeblödelt hatte für immer vorbei?

Doch Sammy schien Liz` neues Aussehen nicht abzuschrecken. Er war schon die ganze Zeit damit beschäftigt, die kleinen Flammen in den Glasscherben zu berühren, sichtlich fasziniert über die Tatsache, dass er sich nicht verbrannte.

Aylin beobachtete ihn dabei.

 „Wie hast du es geschafft die Anführerin zu töten?“

Nun ruhte nicht nur Aylins neugieriger blick auf ihm, sondern der aller.

„Ihr habt mir gesagt, dass sie ohne Liebe ist, deshalb habe ich ihr gezeigt was es heißt zu lieben. Ich habe ihr meine ganzen Lieben gezeigt, und sie mit ihr geteilt und plötzlich war sie tot.“ Er begann plötzlich zu schluchzen.

„Oh, Sammy“, murmelte Raja und nahm ihn ganz fest in den Arm.

Aylin lächelte. Die beiden waren wirklich nett zusammen anzusehen. Plötzlich war sie unendlich müde. Die Sicht vor ihren Augen verschwamm wieder. Stöhnend fasste sie sich an die Stirn.

„Ich brauch jetzt dringend etwas Magie“, sie legte sich auf ihr Bett zurück, dass auf einmal neben ihr aufgetaucht war.

„Habe ich schon mal gesagt, wie sehr ich diese magischen Erfindungen liebe?“

Jake schmunzelte. Er sah auch müde aus, seine blonden Haare waren vollkommen verschwitzt und blutige Spuren des Kampfes waren auf seiner Montur zu sehen.

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Eure Kommentare

Super spannend! Wie ein Buch! Der Wahnsinn!
Wow. Einfach wow. Ich bereue es, dass ich deine Geschichte erst jetzt gefunden habe.  Das ist echt eine der besten Geschichten, die ich bis jetzt gelesen habe. 
Wow, das ist ja wie ein echtes Buch 😧 Dagegen sind meine Geschichten nix 😕
das stimmt doch nicht!! Ich glaube man findet seine eigenen Beiträge immer schlecht... und außerdem habe ich diesen Ausschnitt sicher 200x neu geschrieben xD ich glaube das korrigieren ist das a&o beim Schreiben ^^
Das ist so cool! Wie kannst du nur so gute Geschichten schreiben, LeseRatte5? Meine Beiträge sind immer nur Mist.