Eure Geschichten

VI­TAE-Die Hü­ter der Ma­gie/Pro­log

Die Ausschnitte

Rot- goldene Blätter trudelten langsam von den schon halb kahlen Bäumen herab.

Eine Frau schleppte sich durchs Unterholz. Sie war in einen dunkelgrünen Umhang gehüllt, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Nur ein paar schwarze Locken hingen ihr verschwitzt in die Stirn.  Sie schien auf der Flucht zu sein, immer wieder warf sie gehetzte Blicke hinter sich in den Wald. Mit jedem Schritt wankte sie etwas, sie schien unter Schmerzen zu leiden.

Ein Ast brach geräuschvoll im Gebüsch hinter ihr. Die Frau zuckte zusammen und stolperte fast. Sie konnte sich gerade noch mit ihrer blassen Hand abstützen. Einen Moment lang blieb sie am Boden zwischen dem gefallenen Laub liegen. Sie keuchte auf, kämpfte sich auf die Beine und schleppte sich weiter.

Vögel flüchteten, als sie unter den Ästen hindurch taumelte. Immer wieder drehte sie sich panisch um, doch es war dort nichts, außer die nichtssagenden, kahlen Arme der Bäume.

Keuchend schlug sie sich durch die Büsche. Der nächste Weg befand sich mindestens eine halbe Stunde entfernt. Anscheinend wollte sie nicht entdeckt werden. Ihr Verhalten erinnerte an einen Fuchs, auf den Jagd gemacht wurde, nur ihr Verfolger war nicht zu sehen.

Nervös ließ sie ihren Blick über die herbstlichen Büsche und Bäume gleiten.

Die kühle Oktobersonne zeugte Schatten auf dem weichen Waldboden, die einem vorgaukelte, dass hinter jedem Baum eine Gefahr lauern könnte. Der Tag hätte wunderschön sein können, trotz der paar Wolken, die Muster am Himmel zeichneten.

Plötzlich gellte ein qualvoller Schrei durch den herbstlichen Wald. Die Frau war am Waldrand zusammengesunken, nur etwa drei Meter vor ihr erstreckte sich ein Abgrund. Die gellende Tiefe wirkte wie eine Wunde in der sonst so tröstlichen Landschaft.

Die Frau lag reglos auf dem Boden. Hätte man nicht ihre Brust erkannt, die sich schnell hob und senkte, hätte man sie für tot halten können. Sie verharrte mehrere Minuten nach Atem ringend auf dem Boden, niemand bemerkte sie. Die Welt um sie herum schien sie schweigend zu ignorieren, sogar die Vögel waren verstummt.

Die Frau begann plötzlich zu zittern, dann krümmte sie sich nach vorn. Sie schrie auf.

Nach ein paar weiteren, qualvollen Schmerzenswellen, welche die Frau mehr und mehr in sich zusammensinken ließen, hielt sie endlich ein kleines Wesen in den Armen. Das Neugeborene wimmerte leise. Schwach ließ sich die Frau auf den Rücken sinken, das Kind fand sofort den Weg zu ihrer Brust und trank gierig.

Plötzlich wechselte die Windrichtung. Ein Windstoß wirbelte raschelnd Laub auf.

Ein in einen schwarzen Mantel vermummter Mann kam schnellen Schrittes aus dem Wald geeilt. Ein weiterer Schrei schallte vom Rand der Klippe entgegen- doch nicht von der Mutter. Eine andere Frau mit glatten, schulterlangen Haaren lief auf den Mann zu. Dieser schien ihr unerwartetes Auftreten nicht mit viel Freude zu begrüßen, denn er verschnellerte seine Schritte.

Die Frau, die soeben aufgetaucht war, drückte sich vom Boden ab und verwandelte sich mitten im Sprung in eine große, schwarze Wölfin mit weitausgestreckten pegasusartigen Flügeln.

Der Anblick war atemberaubend. Silberne Muster durchzogen ihre mindesten drei Meter langen Schwingen und ihr langes schwarzes Fell wirbelte seidig im Wind um ihre Brust herum.

Der Mann schien davon aber nicht sehr beeindruckt. Er hob lediglich die Hand, konzentrierte sich kurz, und die Wölfin erstarrte mitten in ihrer Bewegung.

Die Mutter wimmerte leise, ihr Kind eng an sich gedrückt. Der Mann drehte sich nun zu ihr um. Er sprach zu ihr. Sie weinte.

Seine Stimme wurde sanfter. Verzweifelt zog die Frau das kleine Kind in ihre Arme und küsste es sanft auf die Stirn, dann nahm sie es behutsam von ihrer Brust und reichte das kleine Wesen dem Mann, während sie ihm mit bemüht ruhiger Stimme beruhigende Worte zuflüsterte. Er nahm es ihr grob aus den Händen. Das Kind schrie.

Der Mann nahm es in die Arme, aber nicht so sanft, wie es die Mutter des Kleinen gemacht hatte. Er betrachtete es, sah dann zu der schwarzhaarigen Frau die immer noch weinend und zusammengekrümmt am Rande der Klippe lag.  

Der starre Blick der Wölfin bekam nicht mit, wie der Mann auf die Frau zu ging. Auch nicht als er den Fuß hob, sie von oben herab kalt anlächelte. Sie hörte nicht die hämischen Worte, die er von sich gab und sah auch nicht das erschrockene Gesicht der Frau.

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Eure Kommentare

Cooooooooool!!!!!!!!!!! voll spannend mach weiter so!

Wie macht man denn so ein Profilbild wie Leseratte 5? Wenn ich in den Profilbild-Omat gehe, habe ich nur die Möglichkeit, Zeichentrickbilder von kindersache zu erstellen. Wie kann man denn ein eigenes Profilbild hochladen? (Ich habe diesen Kommentar schon einmal als Gast geschrieben, weil ich mich, da mein Browser nicht richtig funktioniert hat, für kurze Zeit nicht anmelden konnte. Allerdings wurde er - warum auch immer - nicht veröffentlicht. Daher schreibe ich ihn, da ich mich jetzt wieder anmelden kann, noch einmal unter meinem Benutzer. Wenn es jetzt wieder nicht klappt, wüsste ich nicht, warum es nicht funktioniert.)

Hallo! Leseratte5 ist schon eine Weile angemeldet bei uns. Wir haben 2017 das kindersache-Layout gewechselt und die Webseite neu gemacht. Da haben wir den Profilbild-o-maten erstellt. Früher konnten angemeldete Nutzer eigene Fotos hochladen. Sorry, das geht nun nicht mehr. Viele Grüße, dein ks-Team

Tolle Geschichte! Gut geschrieben!

Ja gerne! ich habe nur nicht wirklich zusammenhängende Teile...

Mira8888 hat recht! Echt mega!!!!!

LG Lilly

Kommen noch mehr Ausschnitte? Das ist total spannend! Ich will unbedingt wissen, wie es weitergeht!