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Die Deut­sche Wie­der­ver­ei­ni­gung - ein In­ter­view mit Ka­ro­li­ne Her­furth

Karoline Herfurth ist eine deutsche Schauspielerin. Geboren wurde sie im damaligen Ost-Berlin - in der DDR. Wir haben mit ihr über ihre ganz persönlichen Erlebnisse und Gedanken gesprochen. Sie erzählte uns, wie sie das ehemals geteilte Deutschland als Kind wahrgenommen hat und was sich für sie änderte. Vielleicht kennt ihr sie schon und habt sie in Filmen wie "Die kleine Hexe" oder der Filmreihe "Rico, Oskar und ..." gesehen? 

 

Gibt es Menschen oder Dinge, die du sehr mit deiner Kindheit auf der einen oder anderen Seite Deutschlands verbindest? Hattest du das Gefühl, dir fehlt etwas in deiner Kindheit?

Karoline Herfurth: Was ich sehr mit meiner Kindheit verbinde, sind diese typischen quadratischen Klettergerüste mit den bunten Stangen. Und das Käthe Kollwitz Denkmal auf dem Kollwitzplatz. Ich wollte immer hochklettern und mich an dem „Goldbarren“ in ihrer Hand hochziehen, was nie geklappt hat. Heute weiß ich, dass der Goldbarren eigentlich eine Kreide sein soll, die nur ganz doll geglänzt hat, weil sich so viele Kinder beim Hochklettern daran festgehalten haben. Und wenn ich mir die Statue heute so angucke, denke ich, dass ich ganz schön klein gewesen sein muss. Und ich erinnere mich an Waschbetonplatten, an das Heizen vom Kachelofen mit Kohle und meinem Vater, der am Spinnrad Wolle gesponnen hat. Ich hatte nicht das Gefühl, dass mir was gefehlt hat, aber ich war ja auch noch ganz schön klein. Ich war fünf Jahre alt, als die Mauer gefallen ist.

Welche Gedanken hast du dir damals als Kind über die politische Situation gemacht?

Karoline Herfurth: Meine Stiefmama hat mal eine wunderschöne Postkarte bekommen mit einer Zeichnung von einem kleinen Mädchen in einem gelben Kleid darauf. Von einer Freundin aus dem Westen. Und sie war traurig, dass sie ihre Freundin nicht sehen kann, und ich hab gefragt, wieso, und dann hat sie mir erklärt, dass zwischen uns und ihrer Freundin eine Mauer ist, über die wir nicht rüber dürfen. Ich hab das nicht richtig verstanden und fand es nur furchtbar ungerecht. Und ich erinnere mich daran, wie ich auf den Schultern meines Vaters und sehr vielen Menschen am Alexanderplatz entlanggegangen bin und in einer Reihe mit Kerzen in der Hand vor der St. Marienkirche stand. Später habe ich erfahren, dass das die Montagsdemonstrationen waren.

Was war dein erstes Gefühl als du als Kind von der Wiedervereinigung gehört hast?

Karoline Herfurth: Kurz nach dem Mauerfall lagen überall verteilt auf der ganzen Straße, in der ich gewohnt habe, ganz viele Geldmünzen. Mir wurde dann gesagt, dass es nichts mehr wert ist. Von einem auf den anderen Tag! Als ich dann das erste Mal eine D-Mark in der Hand hatte, dachte ich, die wäre halt einfach mehr wert, weil sie viel schwerer und dicker war als unser altes Geld. Dass alles anders war (sogar die Brötchen haben anders geschmeckt) hat mich gewundert, aber so richtig verstanden habe ich es noch nicht.

Wie hat sich dein Leben nach der Wiedervereinigung verändert? Gab es danach Unterschiede in deinem Leben in Bezug auf Familie, Schule oder Freizeit?

Karoline Herfurth: Meine geliebte Müllkippe, auf der ich immer gespielt habe, war plötzlich weg und irgendwann hatten wir dann ein eigenes Telefon und mussten nicht mehr zu der Telefonzelle in der Straße laufen, die meistens kaputt war. Die vielen neuen Werbeanzeigen und die vielen Autos haben mich gestört. Aber ich war noch zu klein für die Schule und die Pioniere und deshalb habe ich sonst keinen großen Unterschied gemerkt. Außer, dass meine Mutter sehr erleichtert war, uns auf eine andere Schule schicken zu können. Was das alles für eine Bedeutung für mich hatte, habe ich erst später gelernt. 

 

Danke, für das Interview und deine interessanten Einblicke, die du uns über dein Leben im damaligen Ost-Berlin geben konntest. 

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