Natur und Mensch

Was macht ein Tisch­ler in ei­ner Be­hin­der­ten­werk­statt?

Warum bist du Tischler geworden?

Phil: Schon als Kind habe ich mich gern handwerklich ausprobiert und zusammen mit meinem Opa im Garten rumgewerkelt. Ich bin Tischler geworden, weil ich ein absoluter Praktiker bin. Denn ich mag es sehr, etwas mit den Händen zu gestalten und da war ein handwerklicher Beruf sehr naheliegend für mich. Ich habe drei Jahre lang die Ausbildung gemacht und anschließend über sechs Jahre als Tischler gearbeitet. Es ist schön, etwas mit seinen Händen zu erschaffen und zu sehen, was mit Hilfe der eigenen Hände entsteht.

Du arbeitest jetzt als Gruppenleiter in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Was hat dich bewegt, den Job zu wechseln?

Phil: Der Job des Tischlers hat mir großen Spaß gemacht. Doch er hat mich auch geschlaucht, da er sehr anstrengend ist. Ich hatte einen extremen Leistungs- und Termindruck, weil ich die Kundentermine einhalten musste. Ich beschloss, dass sich daran etwas ändern muss. Und dann hatte ich die Gelegenheit, in der Firma, in der ich jetzt arbeite, einige Zeit zu hospitieren. Da konnte ich schauen, ob der Job eines Gruppenleiters etwas für mich ist.  

Was sind deine Hauptaufgaben in der Werkstatt?

Phil: Ich bin hier quasi immer noch der Tischler oder sogar der Tischlermeister. Der Fokus liegt darin, die behinderten Beschäftigten anzuleiten. Zur Erklärung: Das Unternehmen beschäftigt Menschen mit Behinderung. Sie haben einen Arbeitsvertrag und bekommen Lohn. Einige arbeiten jeden Tag in der Woche acht Stunden, andere etwas weniger, das ist ganz unterschiedlich. Meine Aufgabe besteht darin, sie bei ihrer Arbeit in der Holzwerkstatt anzuleiten.

Ich organisiere hier viel in der Werkstatt: Holzbestellung, Zeichnung für die Kunden, Maschinen reparieren und Maschinen warten. Außerdem betreue ich die Kunden, die bei uns zum Beispiel Holzmöbel bestellen. Ich mache die Arbeitsvorbereitung zu dem Produkt, das wir herstellen wollen. Dazu gehört Zeichnungen erstellen, Holzbestellung und genaue Berechnungen des Produktes. Dann zeige ich den Beschäftigten Schritt für Schritt, wie wir an den Maschinen oder Handwerkszeugen zum Endprodukt kommen. Vom Zuschnitt über Fräsen und Verleimung. Ein ganzes Produkt wird in Einzelschritte unterteilt und ich begleite die Beschäftigten eng bei der Herstellung.   

Was wird in der Werkstatt hergestellt?

Phil: Fast alles, was man aus Holz herstellen kann: Einzelne Möbelstücke, kleine Serienproduktionen, Dekorationen, Restaurationen von Tisch und Stuhl und noch vieles mehr. 

Welche Ausbildung haben die anderen Mitarbeitenden in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung?  

Phil: Die meisten haben eine abgeschlossene Berufsausbildung und haben auch schon einige Jahre in ihrem Beruf gearbeitet. Die Holzwerkstatt ist nur ein Bereich, es gibt beispielsweise noch eine Elektroabteilung, Sortier- und Verpackungsabteilung und ein Recyclinghof. Es gibt es viele Gruppenleiter aus verschiedenen Handwerken, wie Zimmermann, Mauerer, Tischler aber auch Kraftfahrer. Im Unternehmen gibt es die Möglichkeit, eine sozialpädagogische Zusatzausbildung zu machen. Außerdem haben wir einen Sozialdienst oder Sporttherapeuten, diese Mitarbeitenden haben im Sozialbereich studiert.

Was gefällt dir an deiner Arbeit?

Phil: Es geht hier darum, dass die Beschäftigten gefordert und gefördert werden. Ich kann mir Zeit nehmen, den Beschäftigten zu erklären, wie die Dinge vonstattengehen sollen. Und ich habe nicht mehr den Termindruck, das gefällt mir gut.

Danke für das Interview!

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Eure Kommentare

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Ich möchte auch sagen, dass auch behinderte auch normal arbeiten sollen, denn ich habe ja eine körperliche Behinderung und meine Mutter findet sowas keine richtige Arbeit. 

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Hallo, 

wie  heißt die Werkstatt, in der Phil arbeitet? Ich habe eine Sehbehinderung, und sehe mich nach Möglichkeiten um, einen Handwerksberuf zu erlernen. Der Artikel hat mir gut gefallen, und mich zu dem Thema aufmerksam gemacht. 

Viele Grüße!