Al­lein in ei­ner an­de­ren Welt - Ka­pi­tel 2

Kapitel 2

Freunde finden ist nicht leicht

In langsamen Schritten folgte ich Lilli. Es regnete! Von wegen ein bisschen die Gegend auskundschaften. Die Brötchentüte hatte ich mir unter die Jacke gestopft, damit sie nicht nass wurde. Ich sah aus wie ein Weihnachtsmann nach einem Teller Kekse. Hoffentlich kam jetzt niemand vorbei! Nein, bei dem Wetter doch nicht. Schnell schaute ich mich um. Da stach mir wieder das Haus, aus dem es gestern Nacht geleuchtet hatte, ins Auge. Was ging dort nur vor? Eine Stimme in mir sagte, ich solle weitergehen. Eine andere, ich solle mir das Haus genauer angucken. Ich entschied mich dafür, das ich jetzt erstmal frühstücken wollte.

„Lilli, warte!“ Schnell beschleunigte ich meine Schritte und landete krachend auf dem Asphalt. „Alles okay?“, ein Mädchen mit blonder Haarmähne half mir aufzustehen. Ein Junge mit schulterlangen dunkelbraunen Locken kam um die Ecke gehastet und rannte uns beide um. Nun lagen wir alle auf dem Boden. Schnell stand er wieder auf. „Ophelia, wir hatten doch abgemacht…“ Das Mädchen, was wohl Ophelia hieß, verdrehte die Augen: „Ich hab ihr nur geholfen.“ Nervös schaute sich der Junge um. Ob er wohl auch so einen ungewöhnlichen Namen hatte? Schnell rappelte ich mich auf und wusste, dass das meine Chance war! Ich wollte unbedingt nach unserem Umzug neue Freunde finden, warum nicht gleich? „Ich bin Antonia, aber alle sagen Toni und ihr?“ „Ich bin Ophelia und das ist…“, versuchte sie zu sagen, doch der Junge zog an ihrem Arm und lief mit ihr hinter eine Hausecke und weg waren sie. Das lief ja toll… Lilli kam angerannt. „Toni!“, schrie sie. Ihr Gesicht war angstverzerrt.

Was ist mit Lilli los?

Ängstlich lief sie hinter mich und rieb ihr durchnässtes Gesicht durch meinen Pulli. „Lilli, was ist los?“, versuchte ich entspannt zu sagen. Lillis Augen wurden immer größer und angsterfüllter. „Wo bleibt ihr denn?“, fragte jemand aus Richtung unseres Hauses. Ich verdrehte die Augen. Tim! Selbst bei Regen versuchte er cool zu wirken, allerdings bekam seine Lederjacke einiges an Wasser ab. Ich musste bei dem Anblick doch irgendwie grinsen. „Kommen schon.“ Ich nahm meine weinende Schwester an die Hand und lief mit ihr in Richtung unseres alten (neuen) Hauses. Dabei sah ich besorgt meine kleine Schwester an.

Nach dem Frühstück unterm Bett

Beim Essen redeten wir nicht viel. Mam versuchte es mit den Standardthemen Wetter und Schule, aber es kam alles nur links rein und rechts raus. Gelangweilt aß ich Marmelade mit dem Löffel, wobei mein Stiefvater die Nase hochzog. Gleich kam mir wieder die Lust mit dem Kartoffelbrei. Ich verdrängte die Idee aber lieber schnell wieder. Das würde nur Ärger geben!

Nach dem Frühstück verkroch ich mich in mein „halbes“ Zimmer. Ich versuchte mich mit meinem Hobby Zeichnen zu beschäftigen, aber der Plüschhase von Lilli war als Stillleben verschwunden. Ich wusste genau wo er mit meiner Schwester verschwunden war. Ich robbte unter ihr Bett, wo sie traurig mit tiefen Augenringen lag. Sie war furchtbar blass! Ich stupste sie an: „Na?“ Sie antwortete nicht. Ich seufzte: „Na los, mir kannst du es doch erzählen.“ Lillis Stimme zitterte ein wenig: „Da war ein riesiges Ding und ein Leuchten in dem Garten!“ „Welcher Garten und welches Ding?“, ich verstand nicht was meine kleine Schwester meinte. „Ein riesiges Tier mit Schuppen und Krallen und Zähnen! So lang das sie Puschel hätten fressen können.“ Puschel war der kleine Stoffhase, der still und stumm neben uns lag. „Ein schuppiges Tier? Meinst du so ähnlich wie ein Drache?“ Lilli schüttelte den Kopf: „Nein! Eher wie ein Hund mit Schuppen und glühenden Augen und Hörnern! Auf ihm wuchsen Pflanzen und er hatte ein Loch gegraben!“ Ich zog die Stirn in Falten: „Aber ich habe niemanden außer dich gehört, warte! Wo bist du eigentlich gewesen?!“ Lilli machte ein schuldbewusstes Gesicht und wollte antworten, als es an der Tür klingelte.