Eure Geschichten

Auf der Stra­ße | Teil 4 EN­DE

Auf dem Weg zum Tierarzt

Am nächsten Tag kam ein Zweibeiner zu mir. Am gestrigen Abend hatten mein Fahrer und die Zweibeiner von hier noch über uns und unser Verhalten gesprochen. Der Zweibeiner, der gerade in mein Gehege kam, setzte sich neben mich und fing an mich zu streicheln, auch wenn über seine Pfote ein komisches weißes Ding aus Gummi gestülpt war. Er hatte ein komisches Gewirr aus Seilen dabei, das er mir nun langsam umlegte.

Ich bemerkte, dass in der Tür zu meinem Gehege noch ein anderer Zweibeiner stand. Beide redeten nun mit ruhiger Stimme auf mich ein. Ich fand es interessant, was für ein komisches Teil sie mir umlegten, und nicht im geringsten unheimlich oder gar gruselig. Dieses Interesse zeigte ich auch deutlich, denn ich schnüffelte an dem Teil rum. Die Zweibeiner schien das sehr zu überraschen. Der eine sagte etwas zu dem anderen, der andere nickte. Nachdem alle Seile und Geschirre um mich gelegt waren, nahmen die Zweibeiner ein Seil, das zu meinem Geschirr führte, in die Hand. Sie gingen los. Und als ich ein leichtes Ziehen in der Leine spürte, verstand ich, dass ich ihnen hinterherlaufen sollte. Fröhlich lief ich aus dem Raum hinaus.

Die Zweibeiner steuerten auf den Eingang zu, da, wo wir gestern auch reingebracht wurden. Als ich draußen war, wurde ich wieder in eins dieser Ato-Dinger gesetzt. Wir fuhren los. Als das Ato hielt, ging die Klappe wieder auf. Einer der Zweibeiner nahm die Leine und ich hüpfte fröhlich aus dem Ato hinaus. Der andere war in einem anderen Ato gefahren, zusammen mit einem anderen Hund, und stieg nun aus seinem. Ich kannte ihn nicht besonders gut, ich hatte ihn nur auf der Fahrt in dieses Land gesehen. Also den Hund, nicht den Zweibeiner.

Wir gingen in ein Gebäude. Ich folgte und betrachtete alles neugierig. Nachdem sich die Zweibeiner mit anderen Zweibeinern in Kitteln unterhalten hatten, setzten wir uns in einen Bereich, in dem viele andere Zweibeiner mit vielen verschiedenen Tieren warteten. Ich beobachtete mehrere Leute, die ihre Tiere beruhigten. Konnten Zweibeiner auch so sein? Konnten sie auch ein Tier lieben? Ich kannte das nicht, das war neu für mich. Ich kannte es nur, dass die Zweibeiner gemein, fies und unberechenbar waren. Obwohl, nein. So stimmte das nicht ganz. Die Tierheim-Zweibeiner aus Deutschland waren lieb. Auch der, der mit mir Ato gefahren war, hatte mit mir geredet, damit ich mich nicht aufregte. Zweibeiner konnten auch lieb sein. Sie konnten - sie waren es nur nicht immer.

Die Untersuchung

Irgendwann liefen wir wieder los. Wir gingen einen Flur entlang, bis wir in einem Raum ankamen. Dort war ein weiterer Zweibeiner mit Kittel. Ich glaube, es war ein Weibchen, ihrer hohen Stimme nach zu urteilen. Sie sprach kurz mit dem anderen Zweibeiner. Dann ließ mich mein Zweibeiner von der Leine und ich begann erregt den Raum zu erkunden. Irgendwann wurde ich hochgehoben und auf einen Tisch gesetzt. Eine ganz andere Perspektive über diesen Raum. Ich wurde überschwänglich gelobt und bekam ein leckeren Kringel. Ich verstand nicht wieso, weil ich mich nicht angestrengt hatte, aber ich nahm es trotzdem dankbar an. Die Frau begann mich zu untersuchen.

Zuerst holte sie einen Schlauch, vorne mit einem runden Teil, heraus. Das gespaltene Ende steckte sie sich in die Ohren, jeweils in eins. Dann tastete sie mit dem Ding an meinem Bauch herum. Als nächstes schaute sie mir ins Maul  und so weiter. Am Ende holte sie noch ein Teil raus. Damit stach sie mir in die Haut. Es pikte kurz, aber nicht schlimm. Ich zuckte noch nicht einmal zusammen. Wieder wurde ich belohnt. Nach wenigen Minuten Wartezeit sagte sie, ich sei gesund und habe keine Krankheiten oder Behinderungen. Danach gingen wir zurück. Das war total spannend!

Neue Zweibeiner kennenlernen 

Noch einmal war ich da. Dort habe ich wieder so ein Pik-Dings bekommen, dann bin ich eingeschlafen. Die Zweibeiner haben gesagt, ich würde „kastriert“ werden. Keine Ahnung was das ist. Naja, ich habe dort geschlafen, danach war ich wieder wach und es ging mir gut. Nach zwei Wochen durfte ich mit anderen Hunden in einen Auslauf. Und noch ungefähr 2 Monate, dann kamen die Zweibeiner. Meine Zweibeiner. Sie kamen und schauten sich alle Hunde an. Sie sprachen mit den Futterzweibeinern vom Tierheim, ich glaube über unseren Charakter.

Die Zweibeiner, die hergekommen sind, waren zu viert. Ein großes Weibchen, ein großes Männchen und zwei kleine Weibchen. Dann gingen sie wieder. Wenige Tage später kamen sie wieder, mir wurde wieder die Leine angezogen und die neuen Zweibeiner gingen mit mir Gassi. Das kannte ich nun auch schon und ich liebte es. Verschiedene Kommandos hatte ich nun schon gelernt. Ich liebte es, Neues dazuzulernen und auszuprobieren. Ich verstand auch schnell, was die Zweibeiner von mir wollten. Wenn sie „Sitz“ sagten, musste ich mich hinsetzten, wenn sie „Platz“ sagten, musste ich mich hinlegen. Bei „Bei Fuß“ musste ich genau neben den Zweibeinern laufen, bei „Bleib“ genau da bleiben, wo ich gerade war. Bei „Stopp“ musste ich aufhören das zu machen, was ich gerade tat. Bei „Aus“ musste ich fallenlassen, was ich gerade in meinem Maul trug. Ich hatte in drei Monaten viel gelernt. Nicht nur die neuen Kommandos, sondern auch, dass die Zweibeiner die Anführer waren und nicht wir. Und ich hatte gelernt, dass noch lange nicht alle Zweibeiner böse waren. 

Das neue Zuhause

Wir gingen noch ein paar Mal spazieren, wir verstanden uns schon seit dem ersten Mal glänzend. Dann wurde ich eines Tages mitgenommen. Nach einer kurzen Atofahrt kam ich zu einem Haus. Dort durfte ich erst einmal alles erkunden. Die Zweibeiner hatten schon zwei andere Hunde, mit denen ich mich auch perfekt verstand. Zwei Tage später gingen die Zweibeiner und ich wieder ins Tierheim, wo die Zweibeiner mit den Tierheimzweibeinern redeten. Dann nahmen sie mich wieder mit. 

 So traurig das auch klingt, ich habe meine Gruppe nicht mehr wieder gesehen. Aber ich weiß, dass es ihnen gut geht, denn sie kamen mit mir nach Deutschland und sie hatten bereits ein neues Zuhause, als ich eins fand. Außerdem denke ich, dass es gut ist, dass wir uns nicht mehr sehen. Es klingt zwar gemein, aber ich habe ein neues Leben begonnen, in der die Zeit auf der Straße keine Bedeutung mehr für mich hat. Ich habe aus ihr gelernt, aber ich war in andauernder Lebensgefahr. Diese Zeit habe ich hinter mir gelassen. Trotzdem vermisse ich sie manchmal. Aber ich denke, wenn ich sie wiedersehen würde, würden die ganzen schlechten Erinnerungen bei uns allen wieder hochkommen. Ich denke, so ist es das Beste für alle. Wir konnten alle ein neues Leben beginnen und es geht uns gut. Ich lebe jetzt ein Jahr bei meiner Familie. Und ich liebe das Leben.

Ende

Das war meine Geschichte für die Challenge von Shari. Ich hoffe, sie hat euch gefallen. 

LG Aurela 

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Eure Kommentare

Cool , aber soll es echt Ato heißen ? Oder Auto ?

Danke 🤗

Voll cool!