Eure Geschichten

Cle­os Rei­se #9

Die erste Nacht in der Hütte

Etwas kitzelt Cleo an der Nase. Schlaftrunken wedelte sie die Mücke mit der Hand weg. Einen Moment erinnerte sie sich nicht, warum sie hier war, aber dann kamen die Erinnerungen wieder zurück: Petros Verrat, die Flucht, die zwei Tage in der Wildnis und dann Liam. Cleo fragte sich, wie viel ein Mensch innerhalb von zwei Tagen erleben konnte. Doch nun befand sie sich in der niedrigen Hütte, auf einer Art Matte, die aus Stöckern zusammen gebunden und mit Moos gepolstert worden war. Neben ihr lag die schwarzhaarige Clari, zusammengerollt in einem Schlafsack auf einer Isomatte und  an ihrem Kopfende lag Jasmin auf einer ähnlichen Matte wie die von Cleo – oder zumindest hatte sie dort gelegen, denn offenbar war sie schon aufgestanden, um in der „Küche“ zu arbeiten. Sie seufzte. Noch gestern Abend hatten sie und Jasmin sich gestritten, weil Cleo den Lebensstil der vier nicht ganz akzeptierte – zumal Jasmin andere Wahlmöglichkeiten hatte. Doch sie hatte letztendlich beschlossen, dass es das nicht wert war sich mit ihr zu zerstreiten – schließlich hatte sie im Moment keine andere Wahlmöglichkeit. So schlug sie also die bunte Flickendecke zur Seite und zwang sich in den „Aufenthaltsraum“ zu gehen. Zu ihrer Erleichterung jedoch waren die Jungen auch schon wach oder zumindest so etwas in der Art: Ben war über dem Tisch wieder eingeschlafen, aber  zumindest Liam war auf den Beinen und holte sich Brombeeren aus einer Schüssel, die auf dem Tisch stand. Cleo tat es ihm gleich.

„Habt ihr die auch von vor der Hütte?“, fragte sie an Liam gewandt.

„Ne, die sind aus dem Wald. Überhaupt ist ja vieles was wir essen aus dem Wald. Clari hatte da so ein komisches Buch mit, da stehen hunderte Sachen drin, die man aus dem Wald essen kann. Wie zum Beispiel Knoblauchsrauke. Kennt zwar kein Mensch, aber solange man es essen kann…“ Er zuckte mit den Schultern. Plötzlich lachte er los „Sie musste es Jasmin ja erstmal zehnmal vorlesen“, dann fügte er erklärend auf Cleos fragenden und Jasmins bösen Blick hinzu, „sie versteht die deutsche Schrift noch nicht. In Indien gibt es doch andere Zeichen.“ Dann deutete er auf den Turnanzug, den Cleo immer noch trug. „Da du den schon anhast, schlage ich vor, du gehst dich gleich unten am Meer waschen, dann können wir nämlich in die Stadt gehen. Bei Clari kannst du dir Sachen abholen. Wenn du das Salzwasser nicht verträgt, kannst du dir einen alten Lappen nehmen und ihn in der Regentonne nass machen. Aber beeil dich, wenn wir zu lange brauchen, sind schon zu viele wach, dann ist der Sperrmüll schon abgeholt und du kriegst kein Bett mehr ab!" Cleo tat was Liam ihr gesagt hatte.

Als sie aus der Hütte trat, war der Himmel von einem zarten rosa Schleier überzogen. Es musste noch sehr früh sein, denn es war kühl und am Horizont konnte man noch die Milchstraße erkennen. Es war, als würden Tag und Nacht sich streiten, wer nun an der Macht war, und letztendlich gewann der Tag: Während sie den schmalen Pfad zum Wasser herunter rannte und sich in die Fluten stürzte, verschwanden die Sterne langsam und gaben die Sonne als einen orange-roten Feuerball am Himmel frei.

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Eure Kommentare

Super toll! 🥳

Suuuuuuuuuuuuuuuuper!!! Schreib unbedingt weiter!

Sooo gut geschrieben!!! Ich freue mich soooo auf die nächsten Teile! 😀🙃😊

Richtig gut geschrieben, weiter so 

Lg Leni ❤️