Der Zweite Traum #6
Hi Leute!
Nach langer Pause geht es weiter, viel Spaß!
Im Klassenraum
Joy verdrängte, als sie eine Stunde später zu ihrer ersten Stunde Geschichte unterwegs war, jeglichen Gedanken an Devon oder Ruben. Sie wusste, dass die beiden jetzt Magie der Chemie zusammen hatten, und konnte nur hoffen, dass sich die Situation zwischen den beiden nicht dadurch verschlechterte. Der Raum, in dem Joy Geschichte hatte, lag im zweiten Stock und war groß und lichtdurchflutet. Es standen zwei Tische mit jeweils fünf Stühlen im Raum. Joy nahm an, dass es für jedes Fach nur kleine Klassen gab. Es saßen schon alle, als Joy hereinkam, aber da keine Lehrkraft anwesend war, bemerkte niemand Joys Eintreten. Erst als sie sich auf den freien Platz setzte, auf dem ein Namensschild mit ihrem Namen stand, blickte ein Junge vom Nachbartisch auf. Mit Entsetzen bemerkte Joy, dass es der silberhaarige Junge vom Frühstück war, und blickte schnell weg. Trotzdem bekam sie noch mit, wie er versuchte, ein Lachen zu unterdrücken.
Die Sitznachbarin
Stattdessen linste sie unauffällig zu ihrer Sitznachbarin. Sie war über ein Notizbuch gebeugt, so dass ihre schwarzen, kurzen Haare in ihr Gesicht fielen. Ihr roter Pulli trug die Aufschrift “Tinkturen-Club”, was Joy eher weniger ein Begriff war. Hing das etwa mit dem Fach Pflanzliche Tinkturen zusammen? Joy erinnerte sich daran, dass dieses Fach am Morgen ein paar Mal erwähnt worden war. Joy fragte sich, ob das Mädchen zeichnete. Sie selbst zeichnete gerne, also konnte Joy dem Versuch nicht widerstehen, sich unauffällig nach links zu lehnen und einen Blick in das Notizbuch zu werfen. Eine lange Liste von Formeln stand an der Seite von Zeichnungen von irgendwelchen seltsamen Kräutern, die Joy nie zuvor gesehen hatte. Joy versuchte, den Satz, den das Mädchen gerade schrieb, zu entziffern. Plötzlich schreckte diese auf. Joy zuckte zurück. “Hey, was soll das? Was guckst du so?” Aufgebracht fuhr sich das Mädchen durch die glatten Haare. “Ähm, tut mir leid", nuschelte Joy kaum verständlich. Das Mädchen sah Joy kurz an und beugte sich dann wieder über ihr Notizbuch.
Anwesenheit
Joy wendete ihren Blick ab und wollte sich die anderen an ihrem Tisch ansehen, als plötzlich eine große Frau in den Raum geschritten kam. Sie hatte ihre Haare zu einem Dutt gebunden und trug einen bunten Rock mit einem weißen Oberteil. “Ruhe!” sagte sie und stellte ihre Tasche auf den Tisch. Joy fielen ihre spitzen Eckzähne auf und sie wunderte sich, ob ihre Lehrerin eine Vampirin sei. Doch sie hatte wenig Zeit zum Nachdenken, da die Lehrerin bereits eine Anwesenheitsliste heraus holte. “Aha, ich sehe, eure neuen Mitschüler sind angekommen", sagte sie und deutete auf Joy und einen Jungen an Joys Tisch, der eine Brille und ein blaues Fell trug. “Schön euch kennenzulernen, ich bin Frau Iversen.” Alle Blicke richteten sich in Joys Richtung und sie wurde rot. Der andere Neue hielt sein Buch nun so vors Gesicht, dass man ihn kaum sehen konnte.
Ein Junge am anderen Tisch meldete sich. Ohne dass er drangenommen wurde, fragte er: "Frau Iversen, was ist mit Kirsten? Belegt die jetzt ‘n andern’ Geschichtskurs? Beim Frühstück war sie auch nicht.” Frau Iversen sah den Jungen nicht an. “Das geht dich wenig an, Aemilius, mich ebenso. Wir werden uns nicht in Kirstens Angelegenheiten einmischen.” Aemilius senkte seinen Arm betreten. Frau Iversen hatte währenddessen die Anwesenheitsliste aufgeklappt und sah sich die Namen an. Joy wunderte sich, dass Frau Iversen bei so einer kleinen Klasse die Anwesenheit kontrollierte, aber schnell lernte sie, dass Frau Iversen sich so mit den einzelnen Schülerinnen und Schülern austauschte und ihnen Fragen stellte. “Aemilius Gwerder” Frau Iversen sah prüfend zu Aemilius. “Herr Madden lässt ausrichten, du sollst nicht mehr den Proben des Schulchores beiwohnen. Du sollst zu oft geschwänzt haben.” Aemilius stöhnte auf, und Joy fiel jetzt erst auf, dass er auch ein grünes Fell hatte. “Alicia Funkelstein!” rief Frau Iversen nun auf.
Tinkturen-Club
Auch diese hatte ein grünes Fell, und Joy wunderte sich langsam, ob grün doch nicht so selten war. Dieses Mädchen trug einen Umhang, etwas, das Joy als sehr merkwürdig empfand, da alle anderen Schüler, die sie bisher kennengelernt hatte, sich relativ ähnlich wie die Kinder kleideten, die Joy aus ihrem menschlichen Leben kannte. Frau Iversen gratulierte ihr herzlichst zu einem Preis bei der Winter-Verwandlungs-Talentshow und rief als nächstes Chlodulf Leverenz auf. Der silberhaarige Junge sah auf. “Deine Noten in Pflanzliche Tinkturen letztes Jahr waren ausgezeichnet. Hast du schonmal den Tinkturen-Club in Erwägung gezogen?” fragte sie ihn. “Äh…” war Chlodulfs Antwort. Das Mädchen neben Joy stand abrupt auf. “Entschuldigung, aber als Präsidentin des Tinkturen-Clubs kann ich echt nur sagen, dass wir neuen Zuwachs so gar nicht gebrauchen können. Wir interessieren uns außerdem nur für…”, sie sah Chlodulf verabscheuend an, “begabte Schüler.” Das Mädchen setzte sich wieder. “Natürlich, Honoria, du hast Recht.” Frau Iversen sah wieder auf ihre Liste.
Während Eckart Tveit aufgerufen wurde, sah Joy auf ihren Tisch und ärgerte sich über Honoria. Selbstverständlich, sie wollte nach dem ihrer Meinung nach sehr peinlichen Vorfall beim Frühstück möglichst wenig mit Chlodulf zu tun haben, aber bei Honorias arroganten Kommentaren wollte sie ihn fast verteidigen. Doch als Joy an das Frühstück dachte, musste sie direkt wieder an Devon und Ruben und den Streit-wenn man es überhaupt Streit nennen konnte-von vorhin.
