Eure Geschichten

Im Auf­trag des gol­de­nen Zir­kels, Ka­pi­tel 3

Gedanken überschlagen sich 

An diesem Abend dachte ich noch lange über die Geschehnisse nach. Irgendetwas in mir riet mir, nochmal dorthin zu gehen, brüllte, dass dieser Ort wichtig für mich sein würde.

Dass ich noch einmal dorthin gehen sollte.

Wenn sich so viele Leute auf ihr Bauchgefühl verlassen konnten, musste doch etwas dran sein. Oder?

Ich überlegte weiter.

Wenn das hier ein Horrorfilm wäre, wäre das wohl die schlechteste Entscheidung…

Aber nein, das hier war das echte Leben!

Allein meine Neugier zwang mich dazu, das alles zu erforschen, alles darüber herauszufinden, wie ich es schon immer gemacht hatte.

Hubs, das klingt jetzt wie aus irgendeinem Roman…Mist, mir fällt keine andere Formulierung ein! Egal. Ich geh‘ da hin! Gleich morgen!

Mhm…

Trotzdem war davor noch Schule. „Bitte, bitte keine Geo-Ausfrage!“, flüsterte ich mir immer wieder leise zu, während ich mich zwischen einem älteren Pärchen und einem etwas korpulenteren Herrn mit Mini-Hund durchschlängelte.

Schließlich klingelte ich an Jaspals Reihenhaus. Leider öffnete mir weder er selbst, noch seine Mutter, sondern Marija! Ihr Blick verriet, dass ich sie bei einem ihrer morgendlichen Vlogs á la „Hallo ihr Lieben! Willkommen zu einem neuen Video auf meinem Kanal…“ gestört hatte. (Anmerkung der nicht vorhandenen Redaktion: Jaspals große Schwester will unbedingt Influencerin werden und ist so gut wie immer am Drehen.)

Ein paar Sekunden dieses pseudo-furchteinflößenden Blickes aus ihren dunkel blitzenden Augen später wurde sie von einem kreischenden Etwas angesprungen. Vor Schreck wich ich zurück, stolperte über einen Blumentopf und landete nach kurzer Flugdauer etwas unsanft auf einem Paar Gummistiefel. Das Kreischen des Etwas (namens Nas) hatte sich in ein ein übermütiges Kichern umgewandelt, während Jaspals Mutter heraneilte. Fast verzweifelt blickte ich sie an. „…Jaspal?“ „Ist krank“, rief sie außer Atem und drückte Nas einen bunt gemusterten Helm auf den Kopf.

DÄNGS

Marija hatte die Tür zugeknallt.

Wäre ich nicht eh schon auf meinem Allerwertesten gesessen, hätte das Universum mich spätestens jetzt an die Existenz der Schwerkraft erinnert.

Joghurt und eine Chance 

Als ich mich aufrappelte, sah ich, dass hinter mit etwas Weißes zu Boden getropft war. Hatte sich da ein Vogel erleichtert? Nee, zu flüssig.

Jetzt landete noch ein Tropfen auf dem Pflaster der Einfahrt und ich tastete an der Hinterseite meines Schulranzens herum… nur um das Zeug an den Fingern zu haben. Bäh. Warum musste der Joghurt nochmal mit?

Während ich auf dem Schulklo am Ranzen herumrubbelte, verpasste ich die halbe Geo-Ausfrage (zum Glück war ich nicht ihr Opfer geworden).

Den Ärger fürs Zuspätkommen leider nicht.

Ansonsten lief der Rest des Schultages relativ langweilig ab. In der Pause tippte ich gerade eine heimliche Nachricht an meine Mutter (á la „Kannichnachderschulemitzujaspalkommenbitteeee“), als mir aus dem Augenwinkel ein Junge auffiel, der an einem Abitur-Denkmal lehnte. Sein Blick schwenkte immer wieder kurz zu mir rüber, während er sich in Rekordzeit einen Donut reindrückte. An seinen auffällig hellen, fast weißen Haaren erkannte ich ihn schließlich:  Das war der Typ, mit dem Jaspal gemorst hatte. Sofort versuchten meine Nackenhaare, sich aufzustellen. Klappte aber nicht, weil sie nur in geringer Zahl existierten.

Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich die Riesenchance erkannte, die sich dadurch ergab: Vielleicht ging der auch heute zum Jugendclub!

Markisen Kramer

Leider nein, an der Bushaltestelle hatte er den sichtlich falschen Abzweig gewählt und tratschte gerade mit einer Frau.

Ich drehte mich blitzschnell um, als hätte ich etwas in der Schule vergessen, obwohl ich währenddessen etwas in mein Handy eingab: Markisen Kramer. Den Namen hatte ich im Vorbeigehen gelesen, das Geschäft war nur ein paar hundert Meter von dieser komischen Basis entfernt.

Route starten.

Boom, mein kostenloser Guide!

Ups. Nur noch 16 Prozent. Ich musste den Akku echt austauschen lassen!

Trotzdem ließ ich mich weiter bis zum Geschäft leiten.

Diesmal sah ich den Bungalow anders, nicht verwundert, sondern mit einer Art neutralem Interesse, fast wie ein Wissenschaftler. Fast fühlte es sich an wie in einem Selbstexperiment: „Ich betrete das Gebäude eines dubiosen Jugendclubs nochmal“.

Und noch eine Frage stellte sich: Wo sollte ich rein? Diesmal wollte ich sie überraschen, vielleicht sogar entlarven, also nicht die Haupttür. Ein paar Meter links vom Gebäude wuchs eine lichte Buchenhecke, ich war mir sicher, dass sich dahinter ein Garten befand. Ohne einen zweiten logischen Gedanken (der vielleicht nötig gewesen wäre), schlüpfte ich durch eine besonders große Lücke. Und sofort wieder zurück. Dann doch wieder durch. Tim ölte gerade mit geübten Pinselbewegungen einen Klappstuhl und warf einen kurzen Blick zu der rothaarigen Frau, die über ihrem Handy brütete und gerade aufstöhnte. „Natürlich ist die Exkursion übernächste Woche.“

Selbstverständlich hatte mich Tim inzwischen bemerkt. Im weißen T-Shirt hob ich mich auch bestmöglich vom Hintergrund ab.

„Ach…ähm…hallo… hast du was vergessen?“

„Nö. Kann ich das mal ausprobieren, Erde zu kontrollieren?“

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