Li­lie - Das Rät­sel um den Lö­wen­zahn (2.Ka­pi­tel)

2.Kapitel

Die Gabe

„Und? Irgendetwas merkwürdiges passiert heute?“, wollte Lyra Grün von ihrer Enkelin Lilie wissen. Sie saß in einem hölzernen Schaukelstuhl und musterte Lilie fragend. „Was äh... meinst du mit merkwürdig?“, Lilie war sichtlich verunsichert, es war ihr nicht ganz geheuer, von ihrer Großmutter verhört zu werden. „Ich will wissen, ob heute etwas passiert ist, das es eigentlich gar nicht geben dürfte“, antwortete ihre Oma. Lilie stockte der Atem. Was wusste ihre Großmutter, von dem sie keine Ahnung hatte? „Ich weiß, wie du dich fühlst“, redete Lyra Grün weiter und lächelte, als sie sah, wie Lilies Gesichtszüge von erschrocken zu neugierig wechselten.

„Ich muss dir etwas zeigen“, sagte sie und stand auf. Sie ging zu einer alten Kommode und kramte darin herum. Als sie gefunden hatte, was sie suchte, kam sie zurück. Sie hielt Lilie ein Stück Papier hin, das diese zögerlich entgegennahm. Es war vergilbt und eingerissen, doch die geschwungene Handschrift, die das Blatt füllte, war gut leserlich:

Diese Zeilen hinterlasse ich dem Menschen,

der bereit ist, das Geheimnis zu wahren

und sich der Gefahr zu stellen.

Dem Menschen, der die Gabe besitzt,

die Teil der Familie Grün ist,

und dem, der sie zum Wohle aller

anzuwenden weiß.

Dem Menschen, der alles verändern wird.

August Grün

„Oma? Welche Gabe? Und was hat das alles mit mir zu tun?“, Lilie war ziemlich weiß um die Nase, denn sie spürte, dass das, in das sie da irgendwie hineingeraten war, alles andere als normal war. Lyra Grün lehnte sich entspannt zurück. „Du wirst einiges lernen müssen, Lilie. Aber nicht jetzt“, sagte sie. „Was muss ich lernen? Und warum nicht jetzt?“, fragte Lilie. „Deine erste Frage beantworte ich später. Und die Antwort der zweiten, ist, weil ich dir wohl eine Erklärung schuldig bin.“