Neu­ge­burt #2

Joe Bider

,,OMG!!!", rief plötzlich ein Mädchen neben Lara, und ein zweites kreischte: ,,Joe Bider!" Sie zückte ihr Handy und machte Fotos von dem Jungen, von dem Lara bis jetzt noch nicht mehr wusste, als dass er Joe Bider hieß. Er hatte eine schwarze Jeansjacke und Bluejeans an. Seine dunkelbraun-schwarzen Haare waren lässig verwuschelt. Er war echt heiß, mit seinen meerblauen Augen, den gutaussehenden Gesichtszügen und dem kräftigen Körper. Er hatte breite Wangenknochen und eine schmale Nase. Neben ihm kam Lara sich vor wie ein Mauerblümchen. Es lag nicht an seinem Aussehen, aber irgendetwas irritierte Lara an ihm. Es war auch keine besondere Ausstrahlung (außer dem starken Parfum "Sommerbriese", das Laura von ihrem Vater kannte), die sie irritierte.

Es war etwas, was man nicht beschreiben konnte. Lara freute sich. Sie wusste nicht wieso, aber diese Freude fühlte sich an wie Wiedersehensfreude. So als ob sie sich schon ewig kannten und sich gerade nach langer Zeit endlich wieder sahen. Aber so war es nicht. Sie kannte den Jungen nicht. Und trotzdem hatte sie das starke Gefühl, dass sie ihm jetzt um den Hals fallen und ihn küssen müsste. Aber das war ja Quatsch! Wenn sie das machen würde, hielten er und alle anderen auf dem Bahnhof sie wahrscheinlich für verrückt. Er hob den Blick - und erstarrte. Er sah sie mit einem Blick an, in dem sich alle ihre Gefühle widerspiegelten. ,,Bekomme ich ein Autogramm?", fragte plötzlich ein kleines Mädchen neben ihm und zupfte an seiner Jacke. Er wandte den Blick von Lara ab und lächelte das Mädchen an. Sofort wurde sie rot und reichte ihm mit zitternder Hand einen Notizzettel. Er kritzelte seinen Namen darauf - Joe in einem Herz - und reichte ihn ihr. Das Mädchen bedankte sich schüchtern und rannte mit stolzer Mine zu ihrer Mutter, die ihr lächelnd entgegenblickte. 

Der Blick

Jetzt gab es keinen Halt mehr. Viele Mädchen stürmten auf ihn zu, baten um Autogramme und Fotos und ließen überhaupt nicht mehr von ihm ab. Da stapfte eine Frau herbei und scheuchte die Mädchen weg. Sie hatte knallroten Lippenstift aufgetragen und schwarze Wimpern. Durch ihr Gesicht zogen sich leichte Altersfalten, an ihrem Haaransatz sah man, dass ihre Haare eigentlich grau anstatt blond waren und durch ihren blonden Pferdeschwanz zogen sich schon vereinzelte, graue Strähnen. Sie hatte ein Notizbrett unter den Arm geklemmt und redete eifrig auf Joe Bider ein. Er nickte. Sie packte ihn am Arm und zog ihn fort. Bevor sie jedoch um die Ecke bogen, drehte er sich noch einmal um. Er blickte sie mit seinen meerblauen Augen an und dieser Blick schoss durch ihre Augen, den Hals hinunter und mitten in ihr Herz. Der Blick war so intensiv und voller Emotionen, dass Lara es kaum aushielt, aber abwenden konnte sie sich auch nicht. Doch da verschwand er um die Ecke und Lara war zumute, als wäre ihr ein Dolch mitten ins Herz gefahren.