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Trans*

Der junge Mann springt auf und lacht fröhlich, die Mutter ist etwas erschöpft, aber glücklich. Ihre kleine Lillie hat das Licht der Welt erblickt.

Sieben Jahre später: Die süße Lillie wird eingeschult. Der Schulranzen hat ein cooles Rennautomotiv auf dem Deckel, sie trägt ein blaues Sweatshirt und eine weite Jeans. Die Haare gehen ihr bis kurz unters Kinn und sie lächelt fröhlich mit der Schultüte in der Hand. Ein wildes, kleines Mädchen.

Dann, mit elf Jahren: Lillie hat kurze Haare, nur Jungenkleidung und ist gerade im Schwimmbad. Das ist das letzte Jahr, in dem das noch gehen wird. Dann wird sich der Körper des Kindes verändern und Lil - wie alle sie nennen - wird nicht mehr gerne schwimmen gehen. Lil trägt eine dieser geblümten Badeshorts, wie sie zu der Zeit jeder trägt - wenn man ein Junge ist. Doch Lils Eltern sind cool. Sie lassen das Kind machen, was es will, wenn es nicht gerade um Smartphones geht.

Zwölf Jahre: Da kommt die Wende, wie alle Pädagogen es vorausgesehen hatten. Lil kommt im pinken Shirt in die Schule. Zwar ist es nur ein sportlich-männlich geschnittener Hoodie, aber immerhin. Was die Lehrer nicht wissen: Das Mädchen wurde geärgert, weil es war, wie es ist. Nun versucht der Vorpubertierende, sich anzupassen.

Dreizehn Jahre: Lil hat Schwierigkeiten, ihren weiblichen Namen auszusprechen. Oder soll man jetzt "seinen" sagen? Die Haare sind jetzt raspelkurz und er läuft nur noch in dicken Pullovern herum, um seinen Körper zu verstecken. Lil schreibt im Unterricht gedankenverloren einen Namen in sein Matheheft: 

Mario.

Mario. Der Name geistert ihm durch den Kopf. Wenn Lil von seinen Lehrern aufgerufen wird, setzt er in Gedanken statt des weiblichen Namens "Mario" ein. Hört sich gut an.

Mit Vierzehn: Mario fährt mit dem Fahrrad in die Schule. Das Rad schlingert, denn Mario ist gedanklich schon im Klassenzimmer. Er geht seine Rede noch einmal im Kopf durch. "Ich möchte, dass ihr mich Mario nennt. Ich habe einen Zusatzausweis, auf dem mein Name drauf steht, und alles mit dem Direktor abgesprochen..."

Siebzehn Jahre: Mario hat einen kleinen Bart und stellt den auch stolz zur Schau. Mit seinem Vater sieht er sich die Fotos von früher an. Bei einem Foto, als er sich mit Kreide einen Schnurrbart aufgemalt hatte, muss er lachen.

Wer Mario so sieht, weiß, dass es richtig war.

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Doch nicht immer läuft das so gut: Marios Eltern hätten es für Quatsch erklären können, oder ihn in Kleider zwängen können. Sie hätten versuchen können, ihn zu etwas zu machen, was er nicht war.

Doch so etwas lässt sich nicht "wegerziehen" oder "heilen". Die einzige Art, einen "transsexuellen", oder "transgender-" Menschen zu helfen, ist: ihnen dazu zu verhelfen, im Geschlecht zu leben, in welchem sie sich wohlfühlen.

Mit Transsexualität meint man übrigens nicht, in wen ein Mensch verliebt ist. Es gibt Transmenschen, die auf Männer stehen, und welche, die auf Frauen stehen. Wie bei allen anderen Menschen auch. Es ist lediglich das Geschlecht damit gemeint, denn:

Das "Sex"  von "Transsexuell" ist Englisch, und heißt so viel wie "körperliches Geschlecht".

Das "Gender" steht für Soziales Geschlecht.  Hier ein Artikel dazu

Also heißt das, dass Transgender meist keine Probleme mit ihrem Körper haben, Transsexuelle hingegen schon. Ein Überbegriff ist übrigens Trans*. Das Sternchen zeigt die Vielfalt der Geschlechter an.

Ob man Trans* ist, zeigt sich bei manchen Kindern schon sehr früh - wie bei Mario, der mit sieben Jahren schon recht deutliche Signale schickt. Andere merken es erst mit siebzig Jahren.

Es gibt auch Menschen mit uneindeutigem Geschlecht, zwei Geschlechtern oder ohne. Und jede oder jede ist, wie man ist. Ein Mann ist nicht gleich kein Mann, nur weil er nicht gerne Fußball guckt. Außerdem ist ein Mann auch ein Mann, wenn er rosa mag. Und wenn ein ein biologischer Mann sich wie eine Frau fühlt, dann ist er noch lange nicht krankhaft, kosmetikbegeistert und blondgefärbt-langhaarig oder Cheerleader. Oder vielleicht trägt "er" auch nicht gerne Röcke. All das spielt keine Rolle.

Wer kennt Conchita Wurst? Sie ist nicht Trans*. Conchita Wurst ist nur auf der Bühne eine Frau, im echten Leben ein Mann. Nur weil ein Mann - warum auch immer er das zu dem Zeitpunkt möchte  - Frauenkleidung trägt, muss es nicht heißen, dass er sich als Frau fühlt. Das gleiche gilt andersherum natürlich auch. Es kommt immer darauf an, wie man sich sieht: Als geschlechtsuntypisch oder als im falschen Geschlecht.

Übrigens hat Mario seinen Bart nicht einfach so durch Willenskraft heraufbeschworen: Hormone, in seinem Fall Testosteron (was Männer vor allem haben), die ihm verabreicht wurden, machten seinen Körper männlicher. Auch die Stimme veränderte sich bei ihm, was bei Trans-Frauen leider nicht der Fall ist - die müssen, wenn sie etwas an ihnen ändern wollen, Stimmübungen machen.

Doch die Hormone bekommt man (zurecht) nicht einfach so. Denn sie können eine Menge anrichten, was man nicht rückgängig machen kann. Zuerst kommt ein halbes bis fünf Jahre Alltagstest. Meistens ist es aber "nur" ein Jahr. Mit Alltagstest ist die Zeit gemeint, in der der Transmensch ohne medizinische Hilfsmittel in dem gewünschten Geschlecht leben muss. Erst dann können medizinische Maßnahmen ergriffen werden.

Es gibt noch unendlich viel darüber zu berichten, was nicht alles in einen Artikel passt. Wenn du noch Fragen hast, schreib einfach.

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Eure Kommentare

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Ich fühle mich weder als ein Mädchen oder ein Junge. Ich habe angst meinen Eltern zu erzählen. Ich meiner besten Freundin erzähl und seit dann redet sie nicht mehr mit mir. Hat jemand einen tipp wie es meinen Eltern sagen soll.  

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Ich habe auch mal gehört das sich manche deswegen umoperieren. Deinen Artikel fand ich echt interessant!

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Es wird als psychischer Zustand angesehen. Also: Mein psychischer Zustand sagt aus, dass ich ein Mann bin, und es gibt kosmetische Ungereimtheiten, die sich jedoch ändern lassen. Deiner vielleicht, dass du eine Frau bist. Doch um die Operationen und Hormone durch die Krankenkasse zu bekommen, galt es lange Zeit noch als psychische "Störung"., die durch die Operation "geheilt" wird. So weit ich weiß, ist das heute nicht mehr der fall.

Viele Grüße,
Louie

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Ich wollte es ja nur mal fragen. Und was ist es denn dann? Amalia 13



[Anmerkung der Redaktion: Hallo! Es ist einfach nur eine Art zu sein. Jeder Mensch darf doch leben, wie er möchte! Frei von Zwängen oder Rollen, die die Gesellschaft vorgibt. Viele Grüße, dein ks-Team]

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Ist das eine Krankheit? Also das wollte ich halt mal fragen. Amalia 13



[Anmerkung der Redaktion: Hallo! Nein, natürlich nicht. Das haben Menschen vor 50 Jahren gedacht. Jeder Mensch sollte so leben, wie er möchte - hier gibt es kein richtig oder falsch. Alle Menschen sollten sich nicht so sehr von sozialen Zwängen beeinflussen lassen und selbstbestimmt leben. Viele Grüße, dein ks-Team]