Eure Geschichten

(M)ein Ta­ge­buch Fol­ge 3

Die Hausführung

29.12 (Zwei Tage vor Silvester)

Es hat heute Nacht geschneit. Stell dir das vor! Jetzt ist der gepflegte Rasen mit einer halben Meter hohen Schneedecke bedeckt. Das war eine ganze Menge! Der arme Rasen tat mir leid. Wie sollte er bloß eine solche Schneeschicht ertragen. Es schneite immer noch weiter. Daher hatte die Hausmutter beschlossen, dass mich das Mädchen von gestern durch das graue Haus führen sollte. Arista, so hat sie sich vorgestellt (genau wissen kann ich das nicht. Sie hat mir noch nicht einmal ihren Personalausweis gezeigt), hat mir super gut gelaunt (also mürrisch oder schlecht - falls du keine Ironie verstehst) das Schulhaus und den Außenbereich gezeigt. Jetzt weiß ich, dass mein Wohnort fast genauso, wie der Sitz von Trump eingerichtet ist. Der einzige Unterschied besteht darin, dass das Weiße Haus in Washington 132 Räume, 35 Badezimmer, 412 Türen, 147 Fenster, 8 Treppenhäuser, 3 Aufzüge, einen Swimmingpool, einen Tennisplatz, einen Kinosaal und eine Bowlingbahn hat. Und keine Sorge - ich habe nicht alles im grauen Haus gezählt, das ist nur eine grobe Schätzung.

Also, nee. Hast du mir geglaubt? Das war nur ein Scherz.



Wir mussten uns erst dick in unsere Mäntel einpacken. Arista trug einen edlen und extravaganten Mantel, während ich eine Kinderwinterjacke trug. Um in die angrenzenden Schulgebäude zu gelangen, mussten wir durch den hohen Schnee waten müssen. Und durch den Schnee zu schlurfen wäre sicherlich keine so gute Idee gewesen, weil die Hose dann nass geworden wären. Zuerst wollte Arista mir mit einem schiefen Grinsen in ihrem hübschen Gesicht alle Klassenzimmer zeigen. So groß wie das Haus ist, dauert es wahrscheinlich ewig. Deswegen habe ich abgelehnt. Diese Räume würde ich noch zur Genüge kennenlernen. Da interessierte mich schon viel mehr das Schwimmbad der Schule, das sich im Keller befand. Es war überwältigend groß und umgeben von einer großen Fensterfläche. Der Blick über das weiße, ebene Außengelände war bezaubernd weiß. Ja, diese Schule schaute im Innern mit seiner prächtigen Innenausstattung eindeutig nicht so aus, wie es zunächst von außen den Anschein gehabt hat. Es war doch kein graues Trauer-Haus. Vielmehr erschien es mir jetzt eher wie die prachtvolle Villa einer Millionärswitwe.

Verteidigung gegen die dunklen Künste

Dann ging Arista mit mir hinüber zur Sporthalle, die ich bereits kannte. Ich fragte sie, wozu dies vielen Matten gebraucht würden, die in der ganzen Halle gleichmäßig verteilt lagen. Ob sie für Yoga genutzt wurden. Erst sah sie mich empört an. Dann lachte sie laut auf und entgegnete, indem sie ihre lockigen, perfekt gepflegten blonde Haare graziös nach hinten über ihre gestrafften Schultern warf: „Nein! Wir trainieren hier, das heißt, wir üben uns in VgddK. So wie bei Harry Potter: Verteidigung gegen die dunklen Künste.“

Anscheinend hatte ich sie verwundert angeschaut, denn sie fügte genervt hinzu: “Hast du schon einmal etwas von Schwertern, Kampfstäben, Bogen und Selbstverteidigung gehört? Ich glaube, Yoga ist eher etwas für Einsteiger. Und du bist garantiert keiner. Ich weiß, dass du dich nur dumm stellst. Auch wenn du überzeugend wirkst. Ich wette, du stammst von Apate ab.“ Dieses Spiel würde ich garantiert nicht mitspielen! Sie verarschte mich bestimmt „Warum kommst du eigentlich so spät. Hat dich einer von den Thanatos aufgehalten? An wie vielen hast du dich gerächt?“ Ich verstand nur Bahnhof. Doch ich wollte nicht nachfragen. Ich beschloss, sobald wie möglich mir dafür Zeit zu nehmen, um in die Bibliothek zurück zu kehren und danach zu recherchieren. Warum sollte ich ihr zeigen, dass ich ihr glaubte.  Alternativ könnte ich im Internet Nachforschungen anstellen, oder, was meinst du? Aber wahrscheinlich hat mich Arista nur reingelegt. Sie ist doch auch ein normales Kind, zumindest so normal wie ich, oder?

Die Bibliothek

Dann marschierte sie in die Bibliothek. Dass sie auf mich wartete konnte man nicht sagen. Wie die Turnhalle auch, war auch die Bibliothek in einem eigenen Gebäude untergebracht. Mir ist das gestern nicht aufgefallen, weil ich durch einen unterirdischen Gang gegangen bin. Warum wir oben herum vom Erdgeschoss aus die Bibliothek betraten, fragte ich Arista nicht. (Und natürlich habe mich – so wie immer – wieder nicht getraut nachzufragen. In so etwas bin ich generell viel zu verschlossen. Dieses Verhalten nervt mich eigentlich selbst. Vor Fremden steht man dann oft nur dumm da. Kennst du das? Ich weiß komische Fragen. Kein normaler Mensch würde das von einem Buch wissen wollen.)

Arista hat mir erzählt, dass ich die Bücherei wahrscheinlich vor allem für das Fach Geschichte brauchen würde. Das konnte ich mir gut vorstellen. Die Bücher allein sind schon antik, abgesehen von den hölzernen Bücherregalen, die sich bis zur verzierten Decke erstreckten, und wahrscheinlich aus der Zeit des Barocks stammten. „Aber natürlich kann man die Bücher auch so lesen.“, fügte sie lächelnd hinzu und streichelte eins von den Büchern, als ob es eines von ihren geliebten Kindern wäre. Ich muss zugeben, Arista hat einen Vogel mehr in ihrem Kopf sitzen. Meine Freundinnen bezeichnen eigentlich immer mich als Verrückte. Ich weiß nicht, was sie da zu Arista sagen würden…



Und damit war die Führung schon beendet, denn es läutete bereits wieder zum Essen. Wie gestern, vorgestern und vorvorgestern waren die Tische mit weißen Tischdecken bezogen. Auf den Tischen standen Kerzen, die im Takt der Türflügel hin und her wippten. In der Mitte des ovalen Raumes plätscherte ein Brunnen vor sich hin. Ein paar ältere Schüler saßen händchenhaltend oder knutschen auf den Marmorstufen, die um den ebenfalls aus Marmor gefertigten Brunnen verliefen. Direkt gegenüber, vor dem riesigen, hölzernen Portal, befand sich die Essensausgabe. Das romantische Flair, das im Raum lag, wurde durch das Büfett prompt wieder zunichte gemacht, denn in direkter Nähe warteten Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren ungeduldig auf ihr Essen. Ich durfte, wie jeder andere, meine Bestellung abgeben und vor der Ausgabe Wurzeln schlagen. Nach einer halben Ewigkeit wurde mit dann das frisch zubereitete und das einfachste Gericht des Tages überreicht. Das Fischfilet schmeckte relativ gut. Aber wie immer wurde die Kantinenmahlzeit durch die aufwendige Dekoration in ein 5 Sterne Gericht verwandelt. Ich glaube der Spruch der Köche ist: „Das Auge isst mit“

Mach es gut. Ich gehe jetzt raus in den Schnee zum Spielen. Allein – ohne dich und ohne sonst irgendjemanden. Das bin ich als Einzelkind ja gewöhnt. Da brauchst du dir keine Sorgen machen!

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Eure Kommentare

Du schreibst voll gut!!! Lg Aby

Wieso heißt es eigentlich“(M)ein Tagebuch Folge 3„ Und nicht“(M)ein Tagebuch 3“ ?

Coole Geschichte! Du hast einen guten Schreibstil!

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Das ist total cool aber es gibt sehr viele Scherze. Das ist jetzt keine Beschwerde, deine Geschichte ist super aber man kann nicht mehr ganz so gut den Überblick behalten. Aber:

Cool!LG, Clari