Natur und Mensch

Wie arbeitet eine queere Pfarrerin?

Wie bist du darauf gekommen, Pfarrerin zu werden?  

Caroline: Das war eher ein Zufall (falls es die gibt): Ich habe auf etwas anderes gewartet. Und dann habe ich gesehen, dass man Evangelische Theologie studieren kann. Das fand ich spannend, weil die Kirche bei uns ein sicherer Ort für mich als Kind und Jugendliche war. Ich habe da viel Zeit verbracht und tolle Sachen gemacht. Das will ich jetzt auch tun! 

Was machst du als Pfarrerin?   

Caroline: Ich begegne ganz vielen unterschiedlichen Menschen in den schönsten und traurigsten Lebenssituationen: Seelsorge, Gottesdienst, Beerdigungen, Trauungen, Veranstaltungen, Gemeindeleitung, Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und mit älteren Menschen – also sehr vielfältig. Dazu gehört auch ganz viel queeres Angebot, also rücksichtsvoll sein mit allen Geschlechtern und sexuellen Orientierungen.  

Ist es laut Bibel verboten, queer zu sein?  

Caroline: Leider werden heute oft ein paar wenige Stellen verwendet, um Homosexualität zu verteufeln. Die meint damals aber etwas anderes, als die Liebe zwischen Menschen des gleichen Geschlechts. Tatsächlich können diese Texte nicht einfach weiter so verwendet werden. So, wie es bei vielen Texten der Bibel ist. Sie müssen ins Hier und Jetzt übersetzt werden. Dabei steht die Liebe ganz klar im Vordergrund und der Schutz der Menschenwürde.  

Heute versucht man Texte auch durch eine queere Brille zu lesen. Mittlerweile wird Gott selbst oft als queer bezeichnet. Also als bunt, vielfältig und ganz wunderbar - ohne Kategorien oder Grenzen. Naja, und Jesus lehrt Nächstenliebe und stellte sich auf die Seite derjenigen, denen die Rechte genommen wurden. Ich denke, das ist wichtiger als die wenigen Bibelstellen.  

Wie reagieren Menschen auf dich als queere Pfarrerin? 

Caroline: Bislang sind mir alle Menschen gegenüber eher offen und neugierig. Zum Glück. In letzter Zeit habe ich sogar das Gefühl, dass noch mehr kommen, weil sie sich etwas sicherer in unserer Gemeinde fühlen. Allerdings lebe ich in einem offenen Stadtteil mitten in Bremen. Ich weiß aber von Kolleg*innen, dass es leider auch anders sein kann.  

Wie gestaltest du deinen Gottesdienst? Sprichst du über queere Themen?   

Caroline: Ich setze mich besonders dafür ein, dass alle Geschlechter gleichbehandelt werden, besonders Frauen und queere Menschen. Das heißt, ich arbeite vor allem feministisch. Ich bin also regelmäßig an queeren Themen dran. Kirche war lange sehr traditionell, das heißt konservativ. Das ändert sich nun durch geschlechtergerechte Sprache. Und auch dadurch, dass alle Menschen und jede Art zu leben, eingeladen und willkommen ist. Das tut vielen gut. 

Viele Menschen kritisieren die Kirche, weil sie oft queere Menschen ablehnt. Was wünschst du dir von der Kirche? Wie könnte sie sich verändern? 

Caroline: Leider ist es oft noch so. Viel öfter aber nicht mehr. Es gibt ganze queere Gemeinden und solche, die sehr aufmerksam gegenüber dem Thema sind. Theologie muss sich dazu verändern. Das tut sie zum Glück lautstark und durch die Medien! Und wahrscheinlich sollte mehr über Ängste gepredigt werden. Damit aus Angst kein Hass wird. Es ist wichtig, dass sich Menschen begegnen und aufklären. Jesus war ein Mensch unter Menschen. Er teilte die Liebe Gottes und den Trost. Das ist das Wichtigste, was wir erzählen müssen. Hoffentlich wird's dann bunter. 

Danke für das Interview!

Was bedeutet "queer sein"?

Den Begriff queer benutzen Menschen für sich selbst, die nicht heterosexuell und nicht cisgender sind. Cisgender sind Menschen, die ihr biologisches Geschlecht sind. Das Gegenteil ist trans*. Queer sein bedeutet auch, sich politisch zu engagieren. Queere Menschen kämpfen unter anderem darum, von der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Nicht alle homosexuellen Menschen bezeichnen sich selbst als queer. 

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Eure Kommentare

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Voll cool! 

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Also ich finde es einfach nur traurig dass sowas schon in Kirchen vertreten ist. Das mit den wenigen Stellen die verteufelt werden Stimmt nicht da Gott ganz klar sagt dass es verboten ist. Wenn man die Stellen ins hier und jetzt übersetzt ist es auch nicht mehr schlimm zu lügen ( eines der 10 Gebote) da es heute jeder macht oder über die anderen zu lästern.Von daher finde ich dass traurig 😔