Natur und Mensch

War­um geht Ras­sis­mus al­le Men­schen et­was an?

Josephine Apraku arbeitet als Anti-Rassismus-Aktivist*in zusammen mit unterschiedlichen Menschen und Organisationen. Das können zum Beispiel Schulen oder Kitas sein. Oder auch Museen oder Firmen. Der Fokus der Arbeit liegt dabei auf der Unterdrückung von Menschen - damit umzugehen und dagegen vorzugehen. Dabei ist es Josephine wichtig zu zeigen, dass nicht nur "böse Menschen" unterdrücken, sondern dass Unterdrückung überall in unserem Alltag auftaucht.  

Du hast zusammen mit Jule Bönkost und Meikey To das Buch “Rassismus geht uns alle an” geschrieben. Warum habt ihr das Buch geschrieben und für wen?  

Josephine: Das Buch hat für mich viel mit 2020 zu tun, diesem sehr seltsamen Jahr. In dem die Corona-Pandemie anfing und in dem auch George Floyd ermordet wurde. Beides hat viel damit gemacht, wie die Medien in Deutschland sich über das Thema Rassismus geäußert haben.

Ich habe das Buch geschrieben, weil ich ein kleines Kind habe. Ich weiß, dass ich noch vor der Herausforderung stehen werde, wie ich meinem Kind Rassismus erkläre. Ich wollte etwas schreiben, was ich meinem Kind theoretisch irgendwann in die Hand drücken kann. Mir war wichtig, als Elternteil, das diese Arbeit macht, ein solches Buch zu schreiben. Außerdem achte ich beim Schreiben zum Thema Rassismus darauf, dass ich es nicht ausschließlich weißen Kindern erkläre. Ich kann mir vorstellen, dass weiße Menschen das nicht unbedingt merken, wenn sie das Buch lesen. Das sind manchmal Kleinigkeiten: zum Beispiel ist mir wichtig, einen großen Fokus auf den Widerstand zu legen. Und zu zeigen, dass es schon lange und immer Widerstand gegeben hat. Dass es viele Menschen gibt, die wirklich mutig und kreativ sind.  

Warum ist es denn überhaupt so wichtig, über Rassismus zu reden?

Josephine: Ich glaube, es ist wichtig, über Rassismus als Form von Unterdrückung zu sprechen. Weil sie so alltäglich ist und weil sie bedeutet, dass Menschen unterschiedliche Chancen in der Gesellschaft haben. Konkret bedeutet das, dass weiße Kinder in der Schule im Vergleich bessere Chancen haben, ein Abi zu machen und später dann zu studieren. Wir müssen über Rassismus sprechen, um ihn wahrzunehmen und gegen ihn zu kämpfen.  

Was können Kinder tun, wenn ihnen Alltagsrassismus begegnet? Also wenn sie selbst erfahren oder davon mitbekommen?  

Josephine: Das hängt natürlich total davon ab, in was für einer Situation so etwas passiert. Vielleicht ist es eine Situation in der Schule auf dem Pausenhof, aber es steht gerade keine Lehrkraft dabei. Als Kind bekomme ich mit, dass ein anderes Kind mit einer rassistischen Fremdbezeichnung betitelt wird. Dann gibt es natürlich die Möglichkeit zu sagen, das ist rassistisch und ich möchte so etwas nicht hören und sich dem Kind zuzuwenden, das Rassismus erlebt hat. Wenn es eine Vertrauensperson gibt, die zuhört und sich für die Situation interessiert, dann versuch dich mit ihr zu besprechen. Besonders in Situationen, die gefährlich sind oder eine Konsequenz haben.

Was können Kinder deiner Meinung nach tun, um für ihre eigenen Rechte einzutreten? Wie können sie aktiv werden? Denn viele Kinder wissen vielleicht von Problemen in unserer Gesellschaft. Aber sie wissen vielleicht nicht viel über Mitbestimmungsrecht, das sie eigentlich haben sollten.  

Josephine: Hm, ich finde das tatsächlich eine schwierige Frage. Genau aus dem Grund, den du auch gerade benannt hast. Kinder haben vergleichsweise wenig Raum, Sachen mitzugestalten. Sie werden oft von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. Ihnen wird die Fähigkeit abgesprochen, Dinge einschätzen zu können. Was ich aber wichtig finde ist, dass Kinder für sich selbst einen Raum haben, wo sie sich für Sachen interessieren können. Zum Beispiel gibt es für Schwarze Kinder und Kinder of Color Empowerment Gruppen. Ich glaube, sich selbst als positiv zu erfahren, ist total wichtig.  

Und das Gleiche finde ich auch auf eine andere Art und Weise für weiße Kinder wichtig. Nämlich wahrzunehmen, dass ganz viele Sachen, die sie über sich selbst denken, und die sie lernen, gelernte Sachen sind. Und das sie als weiße Kinder dadurch ähnliche Erfahrungen machen.

Was treibt dich in deiner Arbeit an? Und was motiviert dich, jeden Tag diese Arbeit zu tun?

Josephine: Ich glaube, dass mehr Gleichberechtigung als aktuell in der Gesellschaft gelebt wird möglich ist. Und ich glaube, dass wir alle auf sehr unterschiedliche Art und Weise dazu einen Beitrag leisten können. Mit Blick auf Rassismus bedeutet das, dass weiße Menschen einen unterschiedlichen Beitrag leisten als ich zum Beispiel als Schwarze Person. Aber ich glaube, wir können alle dazu beitragen. Und ich glaube vor allem auch, dass wir alle davon profitieren. Diesen Punkt finde ich so wichtig.  

Danke für das Interview, Josephine! 😊 

Anmerkung der Redaktion:  Wir nutzen ein Gendersternchen (*) bei dem Begriff Aktivist*in. Damit werden alle Personenbezeichnungen miteinbezogen: männlich, weiblich, divers und nicht-binär. 

Führen wir ein Interview mit einem Mann, benutzen wir das Pronomen "er", bei einer Frau benutzen wir das Pronomen "sie". Aber nicht alle Menschen verstehen sich als Mann oder Frau. Deswegen gibt es die Personenbezeichnung divers und nicht-binär. Nicht-binäre Personen möchten ohne Pronomen angesprochen werden. Und dafür steht in diesem Fall das Sternchen (*).

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Omg ich wusste das nicht danke für die Information👍