Eure Geschichten

Das Le­ben ist zu kurz um nor­mal zu sein (Teil 6)

In der Sporthalle

In der ersten Schulstunde erledigte Herr Schröder, den wir übrigens auch in Mathe haben sollten alles Organisatorische und fing sogar schon mit dem Stoff an. Das war mir nur Recht. So konnte mich wenigstens niemand in ein Gespräch verwickeln. Ein paar Dinge konnte ich über meine neue Klasse trotzdem schon herausfinden.

Erstens: Das Strähnenmädchen trug den seltsamen Namen Annabella.

Zweitens: Herr Schröder war der langweiligste Lehrer, den ich ja gehabt hatte.

Drittens: In der Klasse gab es eine blonde Zicke namens Serena, die Andere mit Papierkugeln bewarf.



In der nächsten Stunde hatten wir Sport. Umkleiden sind für mich immer eine heikle Sache. Gerüche von Deos, Schweiß und stinkenden Turnhosen mischen sich dort für mich zu einem schwindelerregenden Mix. Als ich den Raum betrat hielt ich erst einmal die Luft an. Der Schokoladenduft von Annabella mischte sich dort mit Deogerüchen, die allesamt irgendwie grau rochen und als die Sportlehrerin Frau Bäcker den Raum betrat kam auch noch ein dunkles Grün dazu.

Der Schwindelanfall

Während ich die Sporthalle betreten wollte wurde mir auf einmal schwarz vor den Augen. Oder besser gesagt: Bunt vor den Augen. Obwohl ich meine Synästhesie normalerweise ganz gut verstecken kann kommt es zur Zeit immer wieder zu heftigeren Schwindelanfällen. Wie zum Beispiel in dieser Sportstunde. Einen Moment lang wusste ich nicht mehr wo ich war und rempelte das Mädchen vor mir an. „ Kannst du nicht aufpassen?“, giftete mich jemand an, doch ich reagierte nicht. Konnte nicht reagieren. Mir kam es vor wie in einem der Träume, in denen man die Augen nicht öffnen kann, so sehr man es auch versucht. Plötzlich war mir so schlecht, als müsse ich mich übergeben und ich ruderte haltsuchend mit den Armen. Ich erwischte die Schulter der Sportlehrerin. „ Geht es dir nicht gut?“, fragte sie. „ Mir ist nur ein bisschen schlecht. Darf ich mich ins Krankenzimmer legen?“, murmelte ich.  Immer noch konnte ich nur verschwommen sehen, sodass ich nur schemenhaft erkennen konnte, was um mich herum geschah. Frau Bäcker drängte die Anderen zur Seite, die sich neugierig um uns geschart hatten. Sie rief einem Mädchen zu: „ Bring Clara bitte ins Krankenzimmer!“



Erst als wir auf dem Gang waren und als mir der honiggelbe Schokoladenduft in die Nase stieg, erkannte ich, dass es Anabelle war, die mich begleitete. Langsam klarte meine Sicht wieder auf und die Übelkeit wurde leichter. „ Du bist mir jetzt schon zweimal ganz komisch aufgefallen.“, sagte das Strähnenmädchen plötzlich. Abrupt drehte ich mich zu ihr um. Mist. Das war nicht gut für meinen Magen.  „Was meinst du damit?“, fragte ich, schaute aber an ihr vorbei. „ Na, ja. Beim ersten mal rennst du mich um und murmelst irgendetwas von Schokolade. Und jetzt kippst du fast um, nur weil du die Turnhalle betrittst.  Irgendetwas stimmt nicht mit dir.“ „ Danke, sehr schmeichelhaft.“, antwortete ich ironisch. Annabelle sah mich von der Seite an, als würde sie mich wirklich für verrückt halten. Na super. Auch, wenn ich nicht vorhatte mich mit irgendjemanden anzufreunden, wollte ich nicht, dass ich in der Klasse den Ruf bekam, nicht ganz dicht zu sein. Also schaute ich sie an und sagte: „ Mit mir ist alles in Ordnung. Mir geht es zur Zeit bloß nicht so gut. Der Umzug hat mir nicht gut getan.“ „Egal jetzt. „, sagte sie eingeschnappt. „ Wir sind da.“

Aufräumen im Kunstsaal

Ohne eine Antwort abzuwarten drehte sie sich um und lief davon. Ich blieb im Krankenzimmer bis ich den Schulgong hörte. Gerade als ich erleichtert aufstehen wollte kam Annabella herein. „ Was machst du denn hier?“, fuhr ich sie an. Jetzt hatte ich keinen weiteren Nerv für eine Begegnung mit dem Strähnenmädchen mehr übrig. Doch sie verzog keine Miene. „ Ich dachte, du könntest mir helfen, den Kunstsaal aufzuräumen. Das wäre nur gerecht, nachdem du letztens meine Farbtuben zerstört hast.“ Seufzend stand ich auf und folgte ihr. Den Kunstsaal aufzuräumen war immer noch besser als alleine zu Hause herumzusitzen.



Nachdem wir 20 Minuten lang Farben sortiert, den Boden gewischt und zerknüllte Blätter in die Mülleimer geworfen hatten, traute ich mich endlich zu fragen: „ Warum musst du eigentlich hier aufräumen?“ Annabella antwortete: „ Ich darf montags immer länger bleiben um zu malen. Dann muss ich natürlich auch aufräumen.“  „ Du malst?“, fragte ich erstaunt. „ Ja. Was dagegen? Das hätte dir auch schon früher auffallen können. Immerhin habe ich letztens Farbtuben gekauft.“, sagte sie etwas mürrisch und winkte mich in einen kleinen Nebenraum.              „ Komm, ich zeig dir ein paar Bilder!“, rief sie und klang gleich viel fröhlicher. Nacheinander zeigte sie mir Leinwände, die sie bemalt hatte und ich war wirklich beeindruckt. Es gab abstrakte Bilder, Landschaften, aber vor Allem Menschen. Hauptsächlich Portraits. „ Wow, Annabella, ich kenne niemanden, der so gut malen kann wie du!“, rief ich erstaunt. Sie lachte: „ Danke! Aber nenn mich bitte Bella. Annabella ist so ein blöder Name.“ Hier in ihrem „Atelier“, wie sie grinsend nannte fand ich sie gleich viel symphatischer.



Bevor wir nach Hause gingen rief sie noch: „ Wusst ich doch, dass du irgendein Geheimnis hast!“ Trotzdem blieb ich bei dem, was ich mir was ich mir voher gedacht hatte: Vielleicht ist Bella doch nicht so übel, wie ich dachte!

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Eure Kommentare

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Liebe Mira1313,

Diese Teile sind richtig schön geschrieben 🙂

Ich freue mich schon richtig auf die Fortsetzung

LG Gast😁 

 

Lese direkt weiter...

Ich habe jetzt fast alle Teile dieser Serie gelesen und finde sie einfach umwerfent, weiter so

Wundert euch nicht, dass ich jetzt Mira1313 heiße. Ich bin immer noch die gleiche Userin wie Mira8888. Nur der Name ist anders. In einem Communitybeitrag erkläre ich warum.

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Cool! Ich freu mich auch

Danke!

Super! Freue mich auf den nächsten Teil! LG, Clari