Eure Geschichten

Vi­tae / Aus­schnitt 1. Ka­pi­tel, Teil 3

Die brennende Serviette

Mit zusammengepressten Lippen legte Aylin ihre Gabel weg. Die Lust auf Essen war ihr längst vergangen. Shatas Worte verletzten sie. Und das schien sie genau zu wissen.

Ihr scharfer Blick bohrte sich in ihren, als wolle sie ihr etwas damit sagen. Sie mahnen, sich zu benehmen. Aber Aylins Sicht verschwamm bereits. Ihr Stuhl kratzte über die Fliesen als sie aufsprang.

„Kind!“, ermahnte Shata das Mädchen, doch es war bereits zu spät.

Aylin drehte sich um und stürmte auf die Treppe zu, Tränen rannten ihr über die Wangen.

„Du setzt dich jetzt sofort wieder hin. Was soll dieses Drama?“, polterte Blake. Er hatte nun doch die Stimme erhoben. „Das Essen ist noch nicht beendet.“

Sie hielt inne. Man sollte sich ihrem Vater nicht widersetzen. Doch sie wollte auch nicht, dass er sah, wie sie weinte.

„Aylin, setz dich. Jetzt.“

Sie drehte sich ruckartig um.

In diesem Moment ging ihre Serviette in Flammen auf. Blake stieß einen Schrei aus. 

Aylin riss die Augen auf. Sie konnte nicht begreifen was gerade passierte.

Die Kerzenflamme in der Mitte des Tisches hatte sich aufgebäumt. Wild zuckend griff sie um sich, wobei sie sich so unnatürlich bewegte, als wäre sie eine Art Feuergeist. Wie eine flammende Hand griff sie um sich, bis auch das Tischtuch anfing zu brennen. Die feinen Stickereien wurden augenblicklich schwarz und schmolzen wie Schnee dahin, während das Feuer immer weiter um sich griff.

Erschrocken stolperte Aylin weiter von der Tafel weg, und wäre fast über die Stufe hinter ihr gestolpert.

Die Hitze schlug bis zu ihr herüber.

Wahrscheinlich wäre der ganze Tisch abgebrannt, hätte Shata nicht den Inhalt zweier Wasserkrüge über die Tafel geleert. Wildes Zischen und Spritzen, dann verpuffte der Großteil des Feuers zu heißem Dampf. Nur ein paar Flämmchen zuckten noch leise über das Tischtuch, bevor sie mit ein paar gezielten Schlägen von Shatas schwarzen Lackschuhen zur Strecke gebracht wurden.

Ungläubiges Schweigen legte sich über den Saal. Alle schienen wie erstarrt, und schienen begreifen zu wollen, was gerade geschehen war.

Butler und Putzfrauen standen wie erstarrt in den Türen, die Augen entsetzt aufgerissen. Blake war nachhinten gestolpert und fächelte sich nun mit einer Serviette hektisch Luft zu. Shata stand noch immer an ihrem Platz, durchnässt und mit einem ihrer Schuhe in der Hand.

Aylin versuchte die Szene, die sich ihr erbot zu ergreifen. Ihre Augen tränten, und sie atmete stoßweise, wobei sie den Rauch in ihre Lunge zog. Er kratzte ihr im Hals und sie musste Husten.

Das Geräusch schien den Bann des Moments zu brechen, und plötzlich redeten alle durcheinander.

Mehrere Bedienstete rannten los, um Feuerlöscher und Lappen zu holen, der Tisch wurde in aller Eile abgeräumt.

Blake sprang auf und brüllte über das Scheppern der Teller hinweg herum, doch Aylin verstand kein Wort.

Sie hatte nicht bemerkt, wann sie zu Zittern begonnen hatte. Doch ihre Hände bebten förmlich.

Was war geschehen?

In ihrer Verwirrung kamen Aylin wieder die Tränen, diesmal nicht wegen dem Rauch.

Wütend kniff sie die Augen zusammen. Die Geräusche um sie schienen viel zu laut, der Geruch des gelöschten Feuers biss sie in die Nase. Es war zu viel.

Sie drehte sich um und rannte die Treppen hoch. Sie wollte nur in ihr Zimmer, das im Turm, nur eine Treppe weiter auf sie wartete.

„Warte! Kind, bleib doch stehen.“

Hinter ihr erklangen Schritte auf der Treppe.

Aylin wurde schneller. Sie wollte nicht mit Shata reden. Worüber sollte sie auch reden? Aylin wusste selbst nicht genau was passiert war. Sie war vollkommen überfordert. Und erschöpft. Unglaublich erschöpft.

Sobald sich ihr dieser Gedanke geformt hatte, verwandelten sich ihre Knie in Gummi. Ihre Füße wollten sie nicht mehr tragen, als hätten sie nur darauf gewartet, dass sie ihre Erschöpfung bemerkte.

Sie kämpfte sich die letzten paar Stufen der ersten Treppe hinauf und bog rechts in einen Gang ab. Keuchend lehnte sie sich an die Wand.

Der Lärm, den sie kurz verdrängen hatte, brach um ein Weiters auf sie ein.

Blake telefonierte nun lautstark. Geschirr klapperte und Fenster wurden aufgerissen. Der Regen prasselte lautstark auf die Erde herab. Aylin fröstelte bei der kalten Abendluft.

Sie stieß sich von der Mauer ab und nahm sich die kleinere Treppe ihr gegenüber vor.

Obwohl sie sich nun mehr vorwärts schleppte, als dass sie ging, lag Shata noch ein gutes Stück hinter ihr. Ihre Großmutter hatte ihr Tempo gemäßigt und hielt nun respektvoll Abstand.

Aylin war ihr dankbar. 

Shata war zwar nicht das, was man unter einer liebevollen Großmutter verstand, doch sie kannte ihre Enkelin. Sie mochte streng sein, und immer Haltung bewahren, aber sie gab Aylin den Platz, den sie brauchte. Sie schien das Mädchen zu sehen, das sie war- und nicht bloß den Zweck in ihr.

 

Das war der kurze Einblick in das aktuelle 1. Kapitel. Mehr will ich euch noch nicht verraten, aber es geht für Aylin sehr spannend weiter. Danke für eure lieben Kommentare!

Lena <3

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Eure Kommentare

Das ist eine echt spannende Geschichte! Du hast einen schönen Schreibstil ^^
Ich habe gerade gesehen, dass du schon seit 2016 mit dabei bist! Das ist echt anders krass haha
Ich bin zwar schon seit 2 Jahren dabei aber dich kann nichts und niemand toppen😂

Du kannst echt schön schreiben, das Kapitel ist dir extrem gut gelungen. Die Geschichte ist echt aufregend, spannend und tiefgründig. Ich bin schon gespannt auf die nächsten Teile!

LG Hermione 

Super und aufregend, weiter so!

Richtig cooles Kapitel!

Wow!So spannend!