Eure Geschichten

(M)ein Ta­ge­buch 9

Sissi's Gabe

Die Raumtemperatur war winterlich kalt. Deswegen schloss ich schnell die Türe und holte mir meine Winterjacke, um erneut die Türe zu öffnen und sie hinter mir zu schließen. Auf dem Boden lagen sogar ein paar Schneeflocken. Das konnte nicht sein. Drehte ich jetzt völlig durch? Was war mit mir los? Sissi war mit ihrer rot-schwarzen, kurzärmliger Schuluniform auf der zugeklappten Toilettenschüssel zusammengesunken. Die Hände verdeckten ihr Gesicht. Sie wirkte fertig und spürte die Kälte, die ich spürte anscheinend nicht. Mich überrollte das Mitleid. Ich kniete mich neben sie und erkundigte mich vorsichtig: „Was ist denn?“ Zu meiner Überraschung antwortete sie schluchzend: „Meine Gabe! Ich habe sie nicht im Griff. Ich war einfach wütend, dass David mit mir Schluss gemacht hat, nur weil ich über die Ferien nicht hiergeblieben bin. Ich habe halt noch Eltern. Wir wollen jeden gemeinsamen Moment genießen.“

Ich konnte sie vollkommen verstehen. „David ist ein Depp. Lass dir das Leben nicht von ihm verderben!“, tröstete ich sie. „Du kennst ihn doch noch nicht einmal. Er ist der süßeste Junge des Jahrgangs!“, entgegnetet Sissi. Sie war anscheinend immer noch in ihn verliebt. „Der süßeste Junge aus meiner ehemaligen Schule will auch mit mir zusammen sein. Aber ist einfach nur unfassbar dumm. Jungs sind nur eine blöde Zeitverschwendung. Schließ dich mir an und schwöre, dass du nie mehr irgendetwas mit Jungs anfangen wirst“, meinte ich.

Du hast keine?

Sie schaute das erste Mal auf. Ihre Schminke war verwischt und schaute ein bisschen gruselig aus. Aber es zeigte sich ein kleines Lächeln auf ihrem Gesicht. „Du hast recht. Ich schwöre, dass ich nie mehr etwas mit Jungs anfangen werde.“, stimmte sie mir zu, „Das erklärt immer noch nicht, dass ich meine Gabe nicht unter Kontrolle bringen kann. Ich wette du bekommst es hin.“ Ihre Miene wurde wieder ernster. „Welche Gabe? Ich habe keine Begabung, außer in Latein und Englisch fünfen und sechsen zu schreiben“, gab ich zu. „Das machst du doch nur, weil du mich trösten willst. Ich mag es lieber, wenn du zu mir ehrlich bist. Komm schon. Wer war dein göttlichster Vorfahre?“ „Ich habe echt keine Gabe und weiß auch nicht, dass ich einen göttlichen Vorfahren habe. Ich schwöre.“, seufzte ich und spreizte meinen Mittelfinger und Ringfinger auseinander. (Das hatte ich einen Monat geübt, und jetzt konnte ich es endlich). „Echt jetzt? Aber warum bist du dann auf dieser Schule. Komm, lass uns in die Bibliothek gehen. Vielleich finden wir dort Arista. “, schlug sie vor. Offenbar glaubte sie mir. Mich wunderte es inzwischen nicht, dass dieses Internat sonderbar anders war. Es stellte nur meine Vermutung richtig.

Widerwillig folgte ich Sissi in die Bücherei. Sie steuerte zielstrebig auf die hintere Ecke des Tracktes zu, vorbei an ein paar Schülern, die an Tischen saßen und leise miteinander tuschelten. „Was ist? Was verschafft euch die Ehre zu mir, einer alten Büchertante, in die Bibliothek zu reisen, edle Kriegerinnen? Sie haben bestimmt eine lange und anstrengende Reise hinter sich, in der sie viele Thanatos niedergemetzelt haben“, witzelte Arista, worauf Sissi ihr lachend einen freundschaftlichen Schubs gab. Da waren schon wieder diese Thanatos und ich wusste immer noch nicht wer sie waren. „Wer oder was sind Thanatos?“, rutschte es aus mir heraus. Es klang für die beiden wahrscheinlich wie: „Was ist ein Mensch?“.

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Eure Kommentare

Tolle geschichte!! Bin gespannt auf den nächsten Teil!! Lg Aby
Bin gespannt...:)
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So cool👍🏻😎
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Mega spannend 🤗🤩
Super spanned!!!  LG Snowflame 
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ich liebe (M)ein Tagebuch
Ich freue mich auf die Fortsetzung!
Cool! Ich bin gespannt auf den nächsten Teil...