Das Le­ben ist zu kurz um nor­mal zu sein (Teil 12)

Gespräch mit dem Lehrer

"Es tut mir Leid.", riefen wir gleichzeitig ins Telefon. Dann lachten wir erleichtert los. Gleich nach dem Abendessen mit Robert hatte ich Bella angerufen um endlich keinen Streit mehr zwischen uns stehen zu haben. Ich war wirklich erleichtert, dass sie mir verzieh und sie war anscheinend genau so erleichtert, dass ich ihr verzieh.



Eine Woche später am Tag des Wettbewerbs in der Mathestunde geschah das unglaubliche. Mitten im Unterricht meldete sich Serena. Das war jetzt schon allein deswegen ungewöhnlich, weil sie sich nie meldete. Schon gar nicht in Mathe. Aber was dann kam haute mich echt um. Als sie aufgerufen wurde sagte sie: "Herr Schröder, kann ich bitte auf dem Gang mit ihnen sprechen?" Unser Mathelehrer war etwas verwirrt. "Kann das nicht bis nach dem Unterricht warten?", wollte er wissen. "Nein. Bitte, ich muss ganz dringend mit Ihnen sprechen." Dabei warf sie einen Blick zu mir und Bella. Inzwischen saß ich neben ihr, weil ich es nicht mehr ertragen hatte neben Thomas zu sitzen und ihn anzuschweigen.

Sobald die Tür ins Schloss gefallen war redeten alle in der Klasse wild durcheinander. "Was will sie denn mit ihm besprechen?" "Hä?" "Ich würde nie freiwillig mit einem Lehrer sprechen", und ähnliches schallte durch den Raum.  Ich allerdings sah Bella an. "Meinst, du es hat damit zu tun?", frage ich leise. Bella weiß sofort, was ich meinte. Die Sabotage. Würde Serena am Ende beichten, was sie getan hatte? Noch konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Mädchen wie Serena ein schlechtes Gewissen haben könnte. Bella zuckte ratlos mit den Schultern. Gerade als sie antworten wollte, streckte Herr Schröder den Kopf ins Klassenzimmer. "Bella und Clara kommt ihr bitte auch mal?" Verwirrt folgten wir ihm auf den Gang. Dort stand Serena und sah nicht mehr halb so selbstbewusst aus, wie sonst. "Serena hat mir erzählt, dass hier ein Missverständnis vorliegt. Bella, stimmt es dass du Serena nicht geschubst hast und auch nur versucht hast, die Rangelei im Flur vor ein paar Wochen zu verhindern?" "Äh, Ja, natürlich.", stammelte Bella total baff. "Es tut mir Leid.", sagte Serena und streckte uns nacheinander die Hand hin. Ich schüttelte sie genau so perplex wie Bella. Wie Bitte? Serena hatte sich bei uns entschuldigt? Bella durfte dadurch natürlich auch wieder beim Theaterstück mitmachen. Einfach toll.

Die nette Doppelgängerin

In der Pause hielt ich es einfach nicht mehr aus. Ohne auf Bella zu achten lief ich auf Serena zu, die seltsamerweise alleine an einen Baum gelehnt stand. "Hi Serena. Warum hast du dich entschuldigt?", fragte ich einfach geradeheraus. "Mann Clara! Hast du es noch nicht bemerkt? Nina und meine anderen Freundinnen, sie haben vor mir begriffen, dass ich in letzter Zeit echt blöde Sachen abgezogen habe. Mit so jemanden wie mit mir will niemand befreundet sein, oder? Ich wollte es wieder gut machen. Das ist der Grund." Sie sah mir in die Augen. "Und ich kann jetz verstehen, wie es sich amgefühlt haben muss, alleine in eine neue Klasse zu kommen!" "Ich verzeihe dir.", antwortete ich und lief zurück zu Bella. Mit einem fetten Grinsen im Gesicht. "Unglaublich. Irgendwie wurde Serena durch eine nette Doppelgängerin ausgetauscht."

Am Abend war es so weit. Der Wettbewerb stand an. Nach ein paar Tanzeinlagen war unser Theaterstück an der Reihe. Alle waren froh, Bella wieder an Bord zu haben, vor allem, weil sie uns gegen die Aufregung blau duftende Schokomuffins mitbrachte. Erst im letzten Moment, als ich bei meinem Einsatz als Außerirdisches Rotkäppchen auf die Bühne trat schoss mir ein seltsamer Gedanke durch den Kopf. Warum hat Serena heute Vormittag mit keinem Wort die Sabotage erwähnt? Tut ihr das nicht leid? Kann ich mir fast nicht mehr vorstellen. Aber andererseits, für etwas das man nicht getan hat, kann man sich auch nicht entschuldigen...